Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Lebenskunst des Richtigen Essens = Guter Umgang mit sich selbst

Erstellt von r.ehlers am Samstag 6. Juni 2015

In den vergangenen Jahren bin ich beim Thema des Richtigen Essens immer wieder mal auf den tieferen Sinn unserer Ernährung, immerhin einer der Grundlagen unserer Existenz zu sprechen gekommen:

http://www.essenspausen.com/tun-was-richtig-ist/

http://www.essenspausen.com/geschichte-der-essenspausen/

http://www.essenspausen.com/glueck-ist-planbar/

http://www.essenspausen.com/hormonebotenstoffe-wer-regelt-die-regler

Einer der bedeutenden heutigen Philosophen, Wilhelm Schmid, sieht in seinem viel beachteten Buch „Mit sich selbst befreundet sein. Von der Lebenskunst im Umgang mit sich selbst“, 467 S., Suhrkamp,2007, 8.Aufl. 2015, 12,99 €,

die Grundfragen des Richtigen Essens in weiten Bereichen ganz ähnlich, was mich natürlich ungemein freut. Bei aller Offenheit für das Unerforschte und das nicht greifbare Spirituelle nimmt Schmid beim Denken und Erfahren einen erkenntniskritischen  Ausgangspunkt ein. Leider sagt Schmid das nur etwas verklausuliert, indem er von der Notwenigkeit einer „epistemologischen Vorsicht“ spricht.Ein flüchtiger Leser, der vielleicht von Schmids Weitläufigkeit erschlagen ist, macht sich vielleicht nicht klar, dass er damit den von der Antike bis zur Neuzeit unter allen Philosphen geltenden Glauben an die sichere Erkennbarkeit der wahren Dinge, des Seins, der Dinge an sich und den Glauben an den vorgebenen Sinn der Welt verneint. Wer spricht schon gerne vom Nichts, über das Heidegger gesagt hat, dass es „nichtet“?!

Nach allen großen Philosophen von der Antike bis zur Neuzeit hat Immanuel Kant mit seiner Erkenntnistheorie (Kritik der reinen Vernunft) die Erkenntnis selbst auf ihren Wert hinterfragt. Seither ist es nicht mehr selbstverständlich, dass – wie besonders Augustinus lehrte – der menschliche Verstand in der Lage ist, zur Lösung aller Welträtsel vorzudringen. Im Gegenteil sieht es eher so aus, dass wir da mit unseren Möglichkeiten nicht weit kommen können.

Wie Schmid aber – unter Bezug besonders auf Kant selbst, Schopenhauer, Nietzsche, Heidegger, Jaspers und viele andere – deutlich hervorhebt, ist dieErkenntniskritik (Noetik)  nicht das Ende der Philosophie. Die Ungewissheit endgültiger Erkenntnisse macht die Suche nach dem Sinn des Daseins nicht überflüssig. Was uns von unserer Anlage her auf die Spur der Sinnfragen setzt, also das logische Denken wie auch die Erfahrungen durch unser Gefühl und unser Gespür, ist auch das Gerüst für das Erlernen der Kunst, sich im Leben zurecht zu finden. So konnte Kant seiner Kritik der reinen Vernunft gleich eine philosophische Ethik aufsetzen. Schmid sieht sich besonders in der Nachfolge von Schopenhauer und Nietzsche, die ebenfalls an ganzen Systemen der praktischen Philosophie und Psychologie gearbeitet haben. Wichtiger früher Vorläufer von allen  ist der kluge Prophet Jesus Sirach aus den Apokryphen des Alten Testaments.

Irgendwann einmal hat einer der großen Denker der Frühzeit erklärt, dass am Beginn der Lebenskunst die Angst des Verlusts und des Versagens stünde. Platon und Aristoteles haben  sich daran gehalten, jetzt auch Schmid. Mich erinnert dies an Sigmund Freuds einseitige Festlegung, dass die Libido der Antrieb alen Handelns sei oder von Alfred Adler, dass es das Streben nach Macht sei. Ich meine, dass die Angst dem Menschen nicht angeboren ist, wenn er auch vom ersten Atemzug an darum kämpfen muss, dass seine Lebensgrundbedürfnisse befriedigt werden. Ich meine vielmehr, dass die neueren wisenchaftlichen Erkenntnisse über uns Menschen zeigen, dass wir mit Systemen geboren werden, die uns in eine guten mentale Ausgangslage versetzen. Dabei spielen die Gehirnbotenstoff die entscheidende Rolle. Sie – voran das Schlüsselhormon Serotonin – sind die Vermittler unserer Empfindungen. Gerade das Vorhandensein von Serotoin in den Synapsen des Gehirns sorgt für ein grundlegendes Wohlbefinden.

Im Ergebnis spielt es keine große Rolle, ob die Angst die Grunderfahrung des Menschen ist oder nicht. Sorge tragen muss er ohnehin für sich selbst, für seinen Körper, seine Seele, d.h. für seine Gefühlswelt und für seine geistige Existenz. Dies sind dann auch die Themen, die Schmid in seinem Buch sorgfältig und durchweg mit gröster Plausibilität der Ergebnisse abarbeitet. Dies ist letztlich seine Ethik der Ernährung, in der er  zu praktischen Optionen für eine kluge Versorgung kommt, die praktisch ausnahmslos meinen Überlegungen in den hunderten Beiträgen auf „Richtig-Essen“ gleich kommen.

 

Das Selbst ist immer auch ein biologisches Wesen.

Schmid stellt mit offenbarem Bedauern fest, dass mehr und mehr das Selbst für die biologische Selbsterkenntnis nur noch „ein Produkt molekularer und insbesonderer neurobiolgischer Prozesse: ultimative Befreiung des Selbst von sich selbst“ ist (S. 88). Denken und Fühlern sind nur noch das „Resultat feuernder Neuronen und kopuliender Synacpsen.„… „Auf dem Wege der biochemischen Erregungsübertragung kann sodann ‚Glück‘ den Menschen durchströmen, der sich dies törichterweise selbst zuschreibt, aufgrund eines Mangels an Selbsterkenntnis, genauer: mangelhafter Kenntnis der Wirksamkeit von Neurotransmittern (Hormonen) wie Adrenalin und Dopamin Melatonin und Serotonin (!)„.

Schmid beklagt, dass das „Erkenne dich selbst“ danach nur mehr bedeuten kann:

Ich selbst bin also nichts weiteres als ein zufällig oder schicksalhaft zustande gekommenes Konglomerat von Genen und Proteinen, Neuronen und Spiegel-Neuronen ,Synapsen und Hormonen, von Unbewusstem, mehr ioder wenig geglückten Beziehungen, Kindheitserinnerungen, traumatischen Erfahrungen, Gefühlen, Trieben, Begierden, kaum aber von Überlegungen und bewussten Entscheidungen.“

Richtig ist, dass keine menschliche Realität ohne diese Vorgänge existiert, sie ist allein damit aber nicht zu verstehen.

Schmid nennt selbst eine ganze Reihe von guten Gründen, weshalb man größte Zweifel an der Richtigkeit der modenen wissenschaftlichen Feststellungen über das menschliche Selbst haben muss. Angezeigt ist eine epistomologische Vorsicht hinsichtlich der theoretischen Ansprüche des Wissens um sich selbst. Alles Wissen ist nämlich tatsächlich ungewiss. Unser Wissen ist von Natur aus beschränkt auf das für unseren Verstand und unsere Empfindungen überhaupt Wissbare. Es beruht auf nicht absicherbaren Axiomen in der Logik Schließlich ist unsere heute akzeptierte Logik  nur eine willkürliche Konstruktion, aufgebaut auf den Grundannahmen des Aristoteles. Sie auszudrücken bedarf es der Sprache, die selbst keine ewigen Gesetzmäßigkeiten beinhaltet, sondern eine Konvention unter den Sprachnutzern darstellt. Alles Wissen und Denken ist abhängig von Begriffen. Objektiv können wir nicht einmal sagen, was überhaupt ein Gedanke ist. Die besondere Qualität der emotionalen und geistigen Phänomene lässt sich mit den einzelnen Aktivitäten im Gehirn allein nicht erklären. Geben wir es doch zu: wir haben gar keine Erklärung dafür!

Schmid hat daher Recht, vom Versuch abzuraten, das Selbst im biologischen Sinne immer mehr zu perfektionieren oder es zuzulassen, dass es auf biologische Weise manipuliert wird. In den Fragen der Selbsterkenntnis und der Selbstverantwortung sind wir daher keinen Schritt über Kant, Schopenhauer und Nietzsche hinaus gekommen. Warum sollten wir auch? Es hat sich nichts daran geändert, dass unser kurzes Leben ein Traum voller ungelöster Rätsel ist. Daran ändert sich auch nichts, wenn wir aus Gründen der Klugheit gut für uns sorgen, auf das Richtige Essen und die anderen Bedingungen für ein zufriedenstellendes leben wie u.a.  ausreichend Bewegung und gute  soziale Kontakte.

Fortsetzung: http://www.essenspausen.com/leichtes-umsetzen-des-richtigen-essens/