Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

MAP Eiweiß: Irreführende Angaben

Erstellt von r.ehlers am Mittwoch 3. Juni 2015

Wenn man sich gründlich mit den Fragen des richtigen Essens befasst, stößt man unweigerlich auf die Anpreisung von MAP Eiweiß, das angeblich eine neue Kategorie von Aminosäuren liefert. Billig ist das schon mal nicht:

MAP ® - das Original 120 Pressling á 59,00 € (täglich 5 bis 15 Stück!)

Die Ankündigung der Wirkungen ist dagegen alles andere als bescheiden. Dort heißt es, dass jeder Organismus, also auch der Mensch, sein spezielles Amionoäurenmuster hätte – sein

Master Amino Acid Pattern (MAP).

Als ich das zum ersten Male las, dachte ich gleich: „Wie gut, dass nicht noch jeder einzelne Mensch sein eigenes Aminosäuremuster haben soll!“ Denkbar wäre das natürlich auch, obwohl das kaum weniger wahrscheinlich wäre, als dass andere Säugetiere, die eine ähnliche Speisenauswahl haben wie wir Menschen, andere Aminosäuren als wir brauchten. Schließlich haben Menschen und Affen gemeinsame Vorfahren!

In 31 Jahren Forschungsarbeit will Professor Dr. Lucà-Moretti entdeckt haben, dass alle Lebewesen ein solches Meister-Muster  zur Erreichung der maximalen Proteinsynthese haben. Zum optimalen Proteinaufbau müssten daher unbedingt alle 8 essenziellenAminosäuren gleichzeitig und exakt gemäß dem Muster des jeweiligen Organismus zugegen sein. Stimme die Zusammensetzung nicht, scheitere der Zellaufbau und die vergebens angetrenen Aminosäuren müssten unter Stickstoffanfall abgebaut werden.  Es gibt ja abschließend nicht mehr als 21 verschiedene Aminosäuren, von denen wir aber alle außer den genannten acht essenziellen selbst aufbauen können.

In der Werbung für das MAP-Eiweißprodukt heißt es unter http://www.drreinwald.de/dr-reinwald-partner/metabolic-regulation/bedeutung-von-map-r.html:

MAP – eine Revolution in der Eiweißernährung. Am International Nutrition Research Center (INRC) in Florida wurde dieses Master Amino Acid Pattern nachgebaut. Es wird heute als Aminosäurenkombination MAP als reines Lebensmittel zu Ernährungszwecken oder zur Nahrungsaufwertung eingesetzt. Mit einer Nettostickstoffverwertbarkeit von 99% NNU erreicht es den höchsten Protein-Nährwert weltweit. Mit anderen Worten: 99% der AS dienen der Körperproteinsynthese und damit der Proteinernährung des Körpers. Demzufolge gehen nur 1% der AS den Weg des Stickstoffabfalls. …Es stellt den höchsten Proteinnährwert überhaupt zur Verfügung und liefert zugleich die geringste Menge an belastendem Stickstoffabfall. MAP hat nahezu keine Kalorien [???] und steht dem Körper bereits nach 23 Minuten [???] blutfähig zur Verfügung. …Da es bereits aufgeschlossen und im Dünndarm vollständig resorbierbar ist, können sogar Menschen davon profitieren, die wegen Magen-Darm-Problemen Proteinverwertungsstörungen haben oder denen sogar der Magen entfernt wurde.“

Kurzer Hinweis: Aminosäuren sind in der Neoglukogenese umbaubar in Glukose, haben also auch Kalorien. Die Angabe, dass die Aminosäuren bereits 23 Minuten nach dem Verzehr „blutmäßig zur Verfügung“ständen, ist ein reine Phantasiezahl. Schon das Tempo der Übergabe vom Magen in den Darm hängt davon ab, was zuvor gegessen wurde.

Im Übrigen weiß der Hersteller doch gar nichts darüber, wie in der Verstoffwechslung im Dünndarm die Amonosäuren aus den Eiweißen getrennt werden und ob und wenn in welcher chemischen Verbindung sie ins Blut kommen – oder ob sich die angeblich „freien“ MAP-Aminosäuren nicht alsbald nach Eintritt in die Blutbahn an andere Blutbestandteile binden – insbesondere L-Trytophan an die regelmäßig im Blut befindlichen Albumine!

Bei der Zahl der Menschen, die angeblich gewaltig von dieser revolutinären Neuerung der ganzen Nahrungsuafnahme profitieren können, macht die Werbung keine Kompromisse. In der Liste der besonders Begünstigten findet sich ganz sicher jeder Interessierte wieder:

  • Proteinversorgung und -Ergänzung, v.a. von Personen, die sich in besonderen physiologischen Umständen befinden, wie ältere Menschen, Schwangere und stillende Müttern, Kinder im Wachstum
  • Stress und Belastung
  • vegetarische oder vegane Lebensweise
  • Gewichtsmanagement, Entschlackungskuren, Ausscheidungskuren und Stoffwechselprogramme (nach Anleitung)
  • besondere diätetische Ernährungsprogramme, z.B. ketogene Diät
  • Ergänzung bei eingeschränkter Aufnahme und Verwertung von Nahrungseiweiß
  • Proteinmangelzustände unterschiedlicher Ursache nach Maßgabe des Arztes oder Heilpraktikers
  • Stärkung von Körpersubstanz, Gewebe und Muskeln.“

Wie haben wir als Art nur ohne Kenntnis dieser besonderen Muster überleben können?

Aber ohne Scherz:  Hier werden gesundheitliche und physiologische Vorteile eines Nahrungsmittels werblich herausgestellt, die nicht nur auf keine Weise hinreichend wissenschaftlich gesichert sind, sondern für deren Richtigkeit aber auch rein gar nichts spricht!

Natürlich wissen die Hersteller der MAP-Presslinge, dass ihre Werbung rechtlich auf schwankendem Boden steht. Darum haben sie sich ja auch eine Art Freizeichnungklausel einfallen lassen, die wie folgt aussieht:

„Rechtlicher Hinweis: Dieses Produkt dient der Ernährung und berührt deshalb nicht das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Ein guter Ernährungsstatus kann dem Organismus helfen Erkrankungen vorzubeugen oder diese zu überwinden. Alle zu dem Produkt getroffenen Aussagen beschreiben Eigenschaften und physiologische Wirkungen, die bei Konsumenten natürlicherweise unterschiedlich ausfallen können und stellen keine Heil- oder Gesundheitsversprechen dar.“

Dass das Heilmittelwerbegesetz keine Anwendung finden muss, ist gar nicht sicher. Immerhin werden die Presslinge wie Arzneimittel beworben. Da es sich beim Produkt aber um aus Lebensmitteln extrahierte Aminosäuren handelt, liegt schon ein Nahrungsergänzungsmittel vor (dosierte Form). Es gilt das Lebensmittelgesetz, das solche werblichen Irreführungen verbietet und sogar unter Strafe stellt!