Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Ewige Abnehmlügen

Erstellt von r.ehlers am Montag 17. September 2012

Sachbezug: Körpergewicht + Serotoninaufbau

 

In meinem Beitrag „Tryptophan – Irrtum und Abzocke“  habe ich dargestellt, mit welchen Werbelügen, mit unausgegorenen Erklärungen  und sogar auf kriminelle Weise, dafür  geworben wird, Tryptophan als Nahrungsergänzung oder  als Heilmittel zu kaufen. Ohne Rücksicht auf die bekannten besonderen Barrieren für den körpereigenen Aufbau des Botenstoffes Serotonin wird locker behauptet, dass die vermehrte Aufnahme von Tryptophan, des Hauptbausteins von Serotonin, den Serotoninspiegel im Gehirn erhöhe und damit auch die Kontrolle des Essverhaltens. Schließlich ist der Botenstoff Serotonin auch die allen anderen Hungerregularien des Körpers (Ghrelin, Leptin, Cholezystokinin u.a.) vorgesetzte Steuerinstanz im menschlichen Körper.

Im vorliegenden Beitrag nenne ich- auch mit ihren Handelsnamen –  Ross und Reiter bei der Abzocke der Abnehmwilligen. Um den Übergang zum Thema Tryptophan herzustellen, nenne ich  als Erstes die Produkte, die – eben meist wegen der angeblich verbesserten serotonergen Reaktion –  angeblich abnehmen lassen, weil das Hungergefühl reduziert oder ausgeschaltet wird.

I.                    Appetitzügler

Das Medikament Reductil® hat als Wirkstoff das Sibutramin, das auch in vergleichbaren Produkten wie Meridia (US-Herkunft) und LiDa (chinesische Herkunft) bekannt ist.

Sibutramin hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin nach getaner Übermittlung  der spezifischen Information dieses  Botenstoffes am Synaptischen Spalt, ist also ein sog. Serotoninwiederaufnahmehemmer.

Reductil® ist trotz ernster Mahnungen, besonders von Dr. Becker-Brüser aus Berlin in seinem bekannten Arznei-Telegramm, als Medikament nicht mehr zugelassen. In der Schweiz verlor es seine Zulassung erst 2010. Aber „googeln“ Sie mal „Sibutramin kaufen“! Da zeigen Ihnen dunkle  Adressen, die sich kundig geben wie www.reductil.org und www.sibutramin.org, wie Sie sich Reductil oder LiDa ins Haus kommen lassen können.

Dr. Becker-Brüser hatte auf viele Todesfälle überall in der Welt durch Sibutramin hingewiesen. Wie viele Menschen Sibutramin wirklich umgebracht hat, werden wir nie wissen. Denn wenn ein stark Übergewichtiger stirbt, der nie eine neue Möglichkeit zum Abnehmen ausließ und plötzlich stirbt, schreibt kein Arzt in den Totenschein, welche Medikamente er nahm und dass die Schuld womöglich der Wirkstoff Sibutramin hat, der zu einer Überreizung der der Serotoninrezeptoren geführt hat. Auf diese Möglichkeit wies der allen Medizinern bekannte „Pschyrembel“ schon 1995 hin.

Dass die Pharmazie keine Ruhe gibt und dass sie sich gegenüber den Behörden immer wieder durchsetzt, zeigt, dass in den USA gerade kürzlich ebenfalls am Serotoninrezeptor im Gehirn ansetzende Medikamente, zum einen das Belviq® (Lorcaserin), zum anderen  Qsymia®, beide mit einer Kombination aus dem amphetaminähnlichem Wirkstoff Phentermin und Topiramat, als arzneiliche Hilfe bei der Adipositas zugelassen worden sind.

Über den erst 2006 neu zugelassenen Appetitzügler Rimonabant® hatte ich schon 2008 geschrieben:

http://www.readers-edition.de/2008/05/27/apotheken-umschau-propagiert-riskantes-abnehmmittel/

Rimonabant ist ein  weiterer – natürlich wie alle auch sündhaft teurer – Appetitzügler, der Übergewicht reduzieren soll. Er setzt an am hoch empfindlichen und uns in seinen Wirkungsweisen noch wenig bekannten Cannaboid-System im Limbischen System des Gehirns. Gewicht wird auch durch diese Chemikalie nur maßvoll reduziert und steigt durch den Jojo-Effekt nach Absetzen sofort wieder an.

Seit Jahren wird auch ein Wundermittel aus Afrika namens Hoodia als Abnehmmittel angepriesen, das wohl tatsächlich das Hungergefühl begrenzt. Ich habe den Eindruck, dass es sich bei diesem Stoff aus der Pflanze Griffonia Simplicifolica aus der Kalahari um einen natürlichen Serotoninwiederaufnahmehemmer handelt. Also Vorsicht!

Alle Hilfen, die den Hunger besänftigen oder ihn ablenken, also auch Stoffe, die im Magen aufquellen, ein Magenballon oder ein Magenband, aber auch die Verbesserung der Esskontrolle durch den Verzehr nativer Kost (Aminas® Vitalkost und Nachahmer) sind nur ergänzende Hilfen bei den Bemühungen zum Abnehmen. Wer immer behauptet, dass die Reduzierung des Hungers unmittelbar zum Gewichtsverlust führe, soll besser mit wirklich Übergewichtigen reden, bei denen die meisten ohnehin gar keine Hungergefühle kennen.

Es gibt aber zweifellos auch die anderen Bestrebungen zum Essen wie die eingefleischten Gewohnheiten und eine psychisch verankerte Esssucht, die nicht automatisch zurückgehen, wenn der Hunger besser kontrolliert wird.

Fazit: Einen Appetitzügler als ein Abnehmmittel zu bezeichnen, ist daher einfach nicht ehrlich.

II.                  Fatburner

Was bei den Appetitzüglern Reductil und Sibutramin sind, sind bei den Fatburnern Xenical und Orlistat. Xenical ist der Handelsname, Orlistat ist die Chemikalie, deren Wirkung es ist, Fette aus der Nahrung zu binden, sodass sie nicht in den Körper kommen. Seit 2009  gibt es Orlistat – rezeptfrei – in Deutschland und Österreich auch unter dem Handelsnamen Alli. Öfter mal was Neues? Weitgefehlt! Das beste Geschäft sind alte Medikamente.

Der Umstand, dass weniger Fett verstoffwechselt werden kann, bedeutet entgegen den Anpreisungen aber nicht, dass weniger Fett in den Körper käme. Natürlich wird Fett, das nach der Nahrungsaufnahme nicht in die Blutbahn kommt und zum Energieaufbau nicht aktuell verbraucht wird, in der Leber und in den Fettzellen des Körpers gespeichert. Aber selbst wenn ich radikal fettarm esse und zusätzlich mit solchen Medikamenten die Passage von Fett durch die Darmbarriere beschränke, kann ich durch den Verzehr von Kohlenhydraten (Zuckerstoffen) überreichlich Fett in den Körper kriegen. Dies geschieht durch die umgehende Umwandlung von Zuckerstoffen in Fette. Zucker ist zwar nicht die allein dick machende Droge (s. meinen Beitrag dazu), aber er ist im Vergleich zu den Fettsäuren das viel wirkungsvollere Vehikel zur Begünstigung des Fettaufbaus.

Das Problem ist eben nicht der Fettauf- sondern der Fettabbau, der nur gelingt, wenn Essenspausen eingehalten werden, während derer der Körper auf die Fettverbrennung durch die Hormone Somatotropin und Adrenalin umschaltet.

An den Erfolg von Xenical hat sich das rezeptfreie Formoline L 112 angehängt, das mit einer massiven Werbung inzwischen von Apothekern schon zum 7. Mal zum Schlankmittel des Jahres gewählt wurde und angeblich auch von Ärzten empfohlen wird. Auch dieses Mittel tut nichts als Nahrungsfette zu binden, nichts als eine teure Schnapsidee.

Große Geschäfte werden auch gemacht mit dem Fettbinder Chitosan gemacht, das schlicht aus gemahlenen Schalen von Meerestieren besteht.

Fazit: Auch Fatburner als Abnehmmittel zu bezeichnen ist nicht ehrlich.

III.                Almased und Co.

Mit ähnlichem Nachdruck wie Formoline 112 wirf Almased damit, dass seine Nutzung abnehmen ließe. Dabei ist die Begründung für diese Behauptung geradezu hanebüchen. Zunächst einmal die Inhaltsstoffe: Almased ist nicht mehr und nicht wenige als ein Proteindrink wie es Dutzende für Bodybuilder gibt.

Neben inhaltslosen Anpreisungen habe ich immerhin eine halbwegs konkrete Aussage zur Erklärung des angeblichen Abnehmend durch dieses Eiweißprodukt gefunden:

Almased hat angeblich einen sehr niedrigen glykämischen Index, was den Blutzucker nur langsam ansteigen lässt und zur geringeren Ausschüttung von Insulin führt, was wiederum der Fettverbrennung dient. Das gilt indes für alle Eiweißdrinks, die  für sich genommen – d.h. ohne Einhaltung von längeren Essenspausen – nur einen kleinen Beitrag zum Abnehmen leisten können.

Lipo 13 nennt sich ein weiteres angebliches Abnehmprodukt, das nicht auf Proteine, sondern andere Nahrungsinhaltsstoffe setzt, die angeblich „gemeinsam eine bisher unbekannte Art der Fettverbrennung“ schaffen. Aber es ist doch auch wieder nur das drin, was man durch eine vernünftige Nahrungsauswahl ausreichend mitbekommt.

Nuvoryn ist ein weiteres Mittel, das auf Nahrungsinhaltsstoffe abstellt. Sieht man sich deren Anpreisungen an, findet man kaum einen Unterscheid zu Lipo 13.

Hierher gehört auch Sensa®, das über den Werbesender HSE 24 verkauft wird, das auch mit Fettverbrennung wirbt, ohne den Zusammenhang aufzeigen zu können.

Immer neue Produkte tauchen auf wie Aiqum  und Lipo 100, Power Acai White Combo, Yokebe, XLS Medical und mehr, sämtlich mit ähnlichem Strickmuster. Wenn es nach dem Geschäftserfolg ginge, hätte bei diesen Produkten der Dauerbrenner Slimfast® genannt werden müssen.

Sanacontrol, Bionorm Sättigungskapseln und Produkte aus indischem Flohsamen sind weitere Nahrungsmittelprodukte, deren Inhaltsstoffe abnehmen lassen sollen. Dabei setzen sie auf Quellstoffe aus der Nahrung, die natürlich auch keine Fettzellen öffnen können.

Im  Handel werden auch homöpathische Abnehmmittel ( z.B. Infikausal, Cefamadar und  Tangotropfen) angeboten,  zu denen mir aber beim besten Willen nichts einfällt außer dass ich nicht die geringste Idee haben, wie so stark reduzierte natürliche Substanzen die Fettzellen öffnen können sollen. Für solche biochemischen Funktionen braucht man nach sicherem Wissen Hormone in einer geringen, aber eindeutig messbaren Menge, die man durch Schütteln und Reduzieren höchstens vertreibt als sie zu locken.  

Fazit: Nahrungsmittelmischungen gleich welcher Zusammensetzung kann man daher ehrlicherweise auch nicht als Abnehmmittel bezeichnen.

 

Die Schlussfolgerung ist,

dass es überhaupt keine Abnehmmittel gibt. Wer genau hinsieht wird erkennen, dass es sie auch in Zukunft niemals geben wird. Die moderne Biochemie weiß genau, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Fettzellen geöffnet werden und Körperfett abgebaut wird. Da das die Abwesenheit von Insulin im Blut voraussetzt, die erst nach ausreichender Essenspause eintritt, ist in der Tat die Einhaltung von Essenspausen der  e i n z i g e  Weg zum nachhaltigen Abnehmen.

Gewisse Hilfen, wie insbesondere die Nutzung von Wegen der Reduzierung des Hungers, können für den Erfolg mitentscheidend sein. Sie muss man vielleicht sogar lange oder dauernd nutzen. Da gilt es aber zu beachten, dass Medikamente oder auch drogenähnliche Stoffe aus der Natur gefährliche Wirkungen haben können und für einen langfristigen Einsatz ungeeignet sind.

Als ungefährliche, darüber hinaus sogar sehr gesundheitsförderliche, Maßnahme ist mir nur die natürliche Anhebung des Serotoninspiegels durch körperliches Ausarbeiten oder durch den regelmäßigen Verzehr nativer Kost zur Lockung des Esskontrollhormons Serotonin bekannt. Da ist aber kein Raum für irgendeine Abzocke. Körperliche Aktion muss man nicht kaufen, und native Kost kann man sich mit ein wenig Wissen über die Gründe ihrer Wirkung, die beim nüchternen Verzehr mit ausreichend Flüssigkeit sicher eintritt, auch selbst herstellen. Es gibt also absolut keinen Grund, sich weiter mit den immer neuen falschen Abnehmversprechen zu befassen.

Wer einmal eine sinnvolle Esskultur verinnerlicht hat, wird mit größter Wahrscheinlichkeit auf gar keine Hilfe zur Dämpfung des Hungers oder zum Zurückdrängen innerer Antriebe zum unkontrollierten Essen mehr angewiesen sein. Die Chinesen machen uns das seit Jahrtausenden vor. Sie haben zwar als erste mit dem Produkt KUIKE (1985) eine native Kost entwickelt, die im Notfall den Hunger begrenzt („weight loss crisps“). Das ist dort aber nur etwas für wenige „Ausreißer“, Menschen, die mal zuviel Gewicht zugelegt haben. Gegen jeden von ihnen stehen Millionen von Menschen, die sich einfach an die allgemeinen Essenszeiten halten und ihr Leben lang ohne jede Mühe rank und schlank bleiben.