Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Was sind Nahrungsergänzungsmittel?

Erstellt von r.ehlers am Freitag 13. Januar 2017

Bild: daxueconsulting.com

Der vorliegende  Beitrag ist für juristische Laien voraussichtlich schwer lesbar. Für jeden Normalbürger von Interesse sind aber gewiss  die Darstellung der Ungereimtheiten und die Konsequenzen für die native Kost.

Laien und selbst Experten rätseln immer wieder darüber, was überhaupt Nahrungsergänzungsmittel sind. Nur ein Ausgangspunkt für das richtige Verständnis kann die bei Wikipedia gegebene Definition sein:

Nahrungsergänzungsmittel sind Produkte zur erhöhten Versorgung des menschlichen Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen im Grenzbereich zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln.“

Das mit dem Grenzbereich ist falsch. Ganz klar ist nämlich:

  • Nahrungsergänzungsmittel sind immer Lebensmittel und
  • Nahrungsergänzungsmittel sind niemals Arzneimittel !

Rechtliche Grundlagen

Der Gesetzgeber hat in § 1 der Nahrungsergänzungsmittelverordnung klar gemacht, dass für ihn nicht jede Hinzufügung eines Stoffes zu einer allgemein üblichen Nahrung gleichen rechtlichen Kriterien unterliegt. Sehen Sie einmal ins Gesetz (alter Juristenspruch: „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung!“) in

§ 1 Anwendungsbereich

1.

Nahrungsergänzungsmittel im Sinne dieser Verordnung ist ein Lebensmittel, das dazu bestimmt ist, die allgemeine Ernährung zu ergänzen,

2.

ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung darstellt und

3.

in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichenDarreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen, in denVerkehr gebracht wird.

Der Gesetzgeber definiert damit nicht, was überhaupt Nahrungsergänzungsmittel sind. Nur für einen Teil der Nahrungsergänzungsmittel sollen seine Regelungen gelten.

Es gibt also auch Nahrungsergänzungsmittel, für die die Regeln dieser Verordnung nicht gelten. Daher ist es falsch, dass die Lebensmittelaufsichtsbehörden fast überall in Deutschland von allen Anbietern auch nicht konzentrierter und nicht in Dosierung angebotener der allgemeinen Nahrung hinzugegebener Stoffe mit besonderer Funktion im Körper verlangen,  über die nach der Lebesnmittelkennzeichnungsverordnung hinaus bestimmten noch Zwangsangaben auf den Etiketten ihrer Produkte machen, aufgeführt in

§ 4 Abs. 1 -4 der Nahrungsergänzungsmittelverordnung

(1) Für ein Nahrungsergänzungsmittel ist die Bezeichnung „Nahrungsergänzungsmittel“ Verkehrsbezeichnung im Sinne der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung.

(2) Ein Nahrungsergänzungsmittel darf gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf der Fertigpackung zusätzlich zu den durch die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung vorgeschriebenen Angaben angegeben sind:

1.

die Namen der Kategorien von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen, die für das Erzeugnis kennzeichnend sind, oder eine Angabe zur Charakterisierung dieser Nährstoffe oder sonstigen Stoffe,

2.

die empfohlene tägliche Verzehrsmenge in Portionen des Erzeugnisses,

3.

der Warnhinweis „Die angegebene empfohlene tägliche Verzehrsmenge darf nicht überschritten werden,

4.

ein Hinweis darauf, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollten,

5.

ein Hinweis darauf, dass die Produkte außerhalb der Reichweite von kleinen Kindern zu lagern sind.

(3) Ein Nahrungsergänzungsmittel darf gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf der Fertigpackung zusätzlich

1.

die Menge der Nährstoffe oder sonstigen Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung im Nahrungsergänzungsmittel, bezogen auf die auf dem Etikett angegebene tägliche Verzehrsmenge in den in Anhang I der Richtlinie 2002/46/EG, in der am 30. November 2009 geltenden Fassung (ABl. L 314vom 30.11.2009, S. 36), jeweils genannten Maßeinheiten als Durchschnittswerte, die auf der Analyse des Erzeugnisses durch den Hersteller beruhen, und

2.

die in dem Nahrungsergänzungsmittel enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe jeweils als Prozentsatz der in Anlage 1 der Nährwert-Kennzeichnungsverordnung angegebenen Referenzwerte, sofern dort für diese Stoffe Referenzwerte festgelegt sind,angegeben sind.

(4) Ein Nahrungsergänzungsmittel darf gewerbsmäßig nicht unter Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen in den Verkehr gebracht werden sowie nicht mit Darstellungen oder sonstigen Aussagen beworben werden,mit denen behauptet oder unterstellt wird, dass bei einer ausgewogenen, abwechslungsreichen Ernährung im Allgemeinen die Zufuhr angemessener Nährstoffmengen nicht möglich sei.

 

Ungereimtheiten

Der erste Satz dieser schwer auseinander zu dividierenden rechtlichen Regelungen kommt nahe an den Sprachgebrauch des Wortes Nahrungsergänzung heran:

  • Nahrungsergänzungsmittel im Sinne dieser Verordnung ist ein Lebensmittel, das dazu bestimmt ist, die allgemeine Ernährung zu ergänzen.

Was aber ist die „allgemeine Ernährung“? Das ist nirgendwo definiert, muss daher durch die Analyse des von der Sprachgemeinschaft verwendeten Begriffs ermittelt werden (vgl. dazu http://www.essenspausen.com/die-normative-kraft-der-sprache/).

„Ergänzen“ kann diese allgemeine Ernährung nur ein Lebesnmittel , das nicht dazu bestimmt ist, selbst Teil der allgemeinen Nahrung zu sein.

So wie wir traditionell essen, fügen wir regelmäßig viele Zutaten zum Aufbau unserer Speisen zusammen. Zudem gehören zu unserer Nahrung regelmäßig mehrere Gänge (in Frankreich bekanntlich sehr viele mehr als bei uns). All diese Lebensmittelzufuhr ist auch dann Teil der allgemeinen Ernährung, wenn es aus dem Rahmen der traditionellen Essweisen fällt. Schließlich kommt es auf die unsere Bestimmung an, die einen Stoff zum Teil der „normalen“ Ernährung macht.

Ein Salat oder ein anderes Stück Rohkost als Vorspeise ist genz selbstverständlich Teil der allgemeinen Ernährung, auch wenn ich Käse oder Gewürze darüber streue. Bei allen Gängen kommen Mehle von getrockneten Pfanzenstoffen vor. Sie können insbesondere in ein Getränk odeer eine Soße eingerührt werden. Wenn ich das so bestimme, mache ich solches Mehl in verschiedenster Weise auch zum Bestandteil der allgemeinen Nahrung, nicht nur, wenn dem andere Gänge vorhergehen oder nachfolgen. Auch wenn ich im Interesse der Konservierung Obst, Gemüse oder  Kräuter trockne und damit alle seine Inhalte zgleich auf ein geringes Volumen bringe, und diese getrocknete Nahrung zum Verzehr anbiete, geht es nicht um eine Ergänzung der allgemeinen Ernährung, sondern um einen Teil davon, der nur in einer seit endlosen Zeiten bekannten besonderen Form zu verzehren ist. Auch Dörrfisch und Dörrfleisch, in denen mangels Wasser eine höhere Konzentration aller anderen Inhalte vorliegt, sind reguläre Nahrung und keine Nahrungsergänzung. Dieses Ergebnis findet dadurch seine Bestätigung, dass die nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung verlangten zusätzlichen Angaben wie die Angabe der Klassen der enthaltenen Stoffe (Vitamine, Mineralien etc.) bei der nur durch herkömmliche Trocknung bewirkten Konzentrierung aller Inhaltsstoffe zugleich keinen Sinn macht, ebenso wie die Angabe der enthaltenen und der Mindestmengen und Obergrenzen  jedes einzelnen Inhaltsstoffes.

Bei der Kennzeichnung ist es dagegen fraglich, ob ein Nahrungsergänzungsmittel, das nicht unter diese besonderen Regeln fällt, entsprechend dem Sprachsinn und damit auch nach dem Willen des Gesetzgebers dennoch als Nahrungergänzungsmittel bezeichnet werden darf. M.E. führt das das  Publikum in die Irre. Formuladiäten, die nichts anderes sind als  Ersatzmahlzeiten, darf man daher  nicht Nahrungsergänzungsmittel nennen. Hinterher glaubt noch jemand, dass sie nicht nur billige Zutaten beinhalten, sondern auch welche von besonderem Wert. Davon kann aber keine Rede sein.

 

Ein alternatives Magenprogramm, nicht besondere Vitalstoffe

Bei der nativen Kost, deren Verzehr im Interesse ihres schnellen Durchlaufs durch den Magen und ihrer alsbaldigen Verstoffwechslung im Dünndarm in kleiner Portion auf leeren Magen empfohlen wird, kommt es anders als bei den Nahrungsergänzungsmitteln nicht darauf an, dass durch die enthaltenen Zutaten auch nur ein einziger besonderer Inhaltsstoff  (auch nicht L-Tryptophan!) eine gegenüber ihrem noch nicht getrockneten Zustand  zusätzlich hinzukommende physiologische oder gesundheitliche Wirkung auslöst.

Die Essempfehlung auf leeren Magen führt nur zur Nutzung einer lange vergessenen Möglichkeit der Verwertung von Nahrung unter Ausschluss des langwährenden vollen Magenprogramms. Ob die Nutzung dieses nach meiner Auffassung von der Natur perfekt vorbereiteten alternativen Weges wie von mir angenommen bei spezifischer Ausgangslage (inbesondere der Störung der Cortisol-Serotonin-Stressachse) zum Aufbau und zur Ausschüttung des Wohlfühl- und Esskontrollhormons Serotonin führt, ist für den Lebensmittelhersteller keine Frage. Hersteller und Anbieter von Lebensmitteln dürfen ja in ihrer Werbung nach der derzeit herrschenden Rechtsmeinung (OVG Münster) über solche Wirkungen nicht ein Wort verlieren, selbst wenn sie  – anders als die meisten der Aminas-Nachahmer-  mögliche serotonerge Wirkungen keinesfalls als Wirkungen der natürlichen Inhalte der nativen Kost reklamieren, sondern nur ihre Meinung kundtun  über die allein der naturgegebenen Anatomie und Physiologie des Magens geschuldeten Wirkannahmen.

Für „Privatgelehrte“ wie mich (nach der Bezeichnung durch Dr. Ruediger Dahlke) gilt dieser Maulkorb sinniger Weise nicht, natürlich auch nicht für Therapeuten und für die möglichen Nutznießer meiner Serotonin-Theorie.