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Schlaf und Traum: Wir „ticken“ ganz anders!

Erstellt von r.ehlers am Freitag 25. März 2016

Der Kultursender 3 Sat widmete den Abend vor Karfreitag ab 20.15 Uhr dem Thema Schlaf und Traum viel Zeit, zunächst mit einer Reportage über den „Mythos vom gesunden Schlaf“ und dann mit einer Vertiefung durch den hervorragenden Moderator Gert Scobel und der drei Top-Experten, der Psycholanalytikerin Prof. Dr. Tamara Fischmann, und der beiden vordersten Erforscher der Klarträume,  Prof. Dr. Brigitte Holzinger und Prof. Dr. Michael Schredl.

Den falschen Mythen zuleibe ging es in der Reportage insbesondere durch den Bezug auf eine bei mehreren Naturvölkern – auch den Hadza in Tansania, über die ich kürzlich geschrieben hatte – durchgeführte Beobachtungsstudie des Biologen Dr. Jerry Siegels. Am Anfang stand Siegels‘ Beobachtung, dass die Naturvölker anders als die große Mehrheit der Menschen in der modernen Zivilisationswelt überhaupt keine Schlafprobleme haben, besonders keine Einschlafprobleme und keine Probleme mit dem Durchschlafen.Nach jedem Schlaf wachen sie voll erholt auf. Sie halten dann  tags permanent ihre Wachheit aufrecht, d.h. sie haben keinen Bedarf an einem Mittagsschlaf („power napping“). Diese Ergebnisse waren nach allen bsherigen Informationen allerdings ganz sicher  zu erwarten.

Bild: pitopia.de

Typischer Tagschlaf (eines Metzgers) in Asien

Die Untersuchung der Schlafdauer und besonders der Zeiträume, in denen geschlafen wird, ergab hingegen Einsichten, die das Verständnis vom Schlaf ganz grundlegen ändern. Die praktischen Auswirkungen der neuen Erkenntnisse betreffen alle Menschen, auch die mit den besonderen Belastungen unserer modernen Welt. Daran anschließend kommt die Wissenschaft zu einer völligen Neubewertung des Traums im Schlafen wie im Wachen, die  die Wirkzusammenhänge in unserem Selbst zwischen unserem bewussten rationalen Ich-Sein und unserem unterbewussten personalen Leben viel besser erklären als das bisher jemals möglich war.

Schlafdauer

Bei den Naturvölkern schläft praktisch jeder 6 1/2 bis 7 Stunden. Bei uns kommen damit nur 1/3 der Menschen aus., aber immerhin reichen für weitere 25 % 8 Stunden aus.

Meine Feststellungen durch systematische Befragungen von Menschen, die berichten, dass sie dank nativer Kost praktisch jede Nacht eine volle Erholung im Schlaf finden, bestätigen, dass dies mit einer Schlafdauer von ebenfalls knapp 7 Stunden einher geht. Es ist sogar so, dass sich bei einer Schlafdauer von nur 5 Stunden an einem oder wenigen aufeinander folgenden Tagen keine Störungen im Wohlbefinden und im Wachverhalten tagsüber zeigen. Die optimale Schlafdauer von knapp 7 Stunden gilt natürlich nur für Erwachsene. Kinder haben in der Zeit des schnellen Körper- und Geistesaufbaus einen erhähten Schlafbedarf. Daher ist es nach Auffassung der Scobel-Runde angezeigt, den Beginn des Schultages über die heute übliche Zeit von 8.00 Uhr um eine Stunde hinaus auf 9.00 Uhr zu schieben. Ein Erwachsener, der deutlich mehr als 7 Stunden schläft, kämpft oft mit gesundheitlichen Problemen – was natürlich nicht im Umkehrschluss heißt, dass bereits eine Reduzierung seines überlangen Schlafs die Probleme löst.

 

Schlafenszeiten

Ganz überraschend ist Siegels Beobachtung, dass die Naturvölker sich nicht mit dem Eintritt der Dunkelheit zum Schlafen legen. Dies tun sie erst gut 3 Stunden nach Eintritt der Dunkelheit. Der Report begann mit der Behauptung, dass mit dem Eintritt der Dunkelheit die Herstellung des Schlafhormons Melatonin in der Zirbeldrüse in Gang gesetzt würde, was den Menschen schläfrig mache und in den Schlaf zöge. Der Widerspruch zu dem späteren Zubettgehen der Naturvölker wurde in der Reportage nicht aufgelöst. Auch ging die Diskussion mit Scobel und seinen Gästen aus der Wissenschaft, in der auch die angebliche direkte Melatoninausschüttung nach Lichtentzug behauptet wurde, an diesem Thema vorbei. Ich habe schön früher beklagt, dass die Schlafforscher blind an den Erkenntnissen aus der Endokrinologie vorbei gehen, die längst weiß, dass  die Schlafeinleitung über den Botenstoff Serotonin erfolgt und nicht über Melatonin, s. http://www.essenspausen.com/professor-zulley-zum-besseren-schlaf/.

Der Report verweist bezüglich der Schlafensszeiten u.a.auf die Feststellungen des Berliner Schlafforschers Prof. Dr.Ingo Fietze, der sich u.a. mit den Sorgen der Balletttänzer befasst hat, die zeitlich so stark beansprucht sind, dass sie kaum einmal lange genug schlafen können. Er hat sich aber auch mit den Problemen der Nacht- und Schichtarbeiter auseinander gesetzt und betont,

  • dass ein gesplitteter Schlaf keinesweges schlecht ist.

Diese Erkenntnis ist für die Wissenschaft neu, wenn auch gewiss nicht für die Millionen Betroffener, die sich nach zu kurzer Nachtruhe dann noch einmal für eine Schlafsequenz (optimal 1 1/2 Std. am Stück) hinlegen. Es ist gut für sie zu wissen, dass dies nicht nur eine Notlösung ist!

Ein Blick auf das Schlafverhalten bekannter Geister macht das Ergebnis plausibel.

Goethe schlief bekanntlich im Rhythmus von vier Stunden lang und wachte dann ebenso lange. Insgesamt verbrachte er damit 12 Stunden im Bett, aber vielleicht brauchte er dies ja auch, um immer weider nüchtern zu werden, weil er wohl regelmäßig per Kalendertag an die 4 Flaschen Wein trank. Manche behaupten, dass Goethe sogar täglich durchschnittlich 16 Stunden im Bett gelegen hätte. Ähnliches wird Albert Einstein nachgesagt, der aber nicht stark trank. Napoleon und Winston Churchill sollen beide nachts immer nur 5 Stunden geschlafen haben, sollen sich aber ergänzend mittags einen Kurzschlaf gegönnt haben.

Traumbilder und Traumgedanken

Für die Experten in der Scobel-Runde sind die Traumdeutungen durch Symbole und eingeborene  Archetypen á la Jung (und Dahlke) schlicht  passé. Das war und ist auch nach meiner Meinung nichts als eine weit hergeholte Spekulation.

Der Traum ist gefüllt mit visuellen Erlebnissen. Der Träumende hat sein eigenes traumhaftes Wacherleben, indem er meint, diese Dinge im wachen Zustand wahrzunehmen.Der Träumer hat daher normalerweise kein Traumbewusstsein.

Der Traum ist zwar nicht der Zugang zu Jungs kollektiven Unbewussten, wohl aber zum Unbewussten des Menschen. Dabei spielt auch das Kognitive eine Rolle, auch wenn es nach der Annahme der Experten im Traumleben mehr vom Abstrakten ins Bildhafte übersetzt sein soll. Wie eine solche Übersetzung arbeiten soll, verstehe ich allerdings nicht. Es ist aber sicher, dass die Gedankenwelt auch im Traum zur Verfügung steht. Das erkennt man schon daran, dass im Traum auch der präfrontale Cortex, der für die höheren Gehirnfunktionen zuständig ist, aktiviert wird.Mathematiker gehen im Traum ihren Formeldn und Gleichungen nach.

Die Traumforschung bestätigt, dass der Mensch auch – oder gerade – im Traum kreativ ist. Auch das Unbewusste des Menschen ist immer auf der Suche nach dem Sinnhaften. Daher kommen die bekannten Heureka-Erfahrungen am Ende des Schlafs. Man kann sogar davon ausgehen, dass das Unbewusste einfallsreicher ist als das Bewusste. Daher bedienen wir uns doch auch tagsüber, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, immer wieder des Unterbewussten als Quelle von Anregungen, wenn wir mit dem ratuionalen Verstand bei Problemlösungen nicht weiter kommen. Das ist nicht einfach ein dümmliches Verlassen auf das „Bauchgefühl“ oder der Versuch, „aus dem Herzen heraus“ die Dinge besser zu machen. Wir ahnen doch schon längst, dass nicht das rationale Ego unser Leben mit seinen vielen Entscheidungen bestimmt, wovon man bis zur Entwicklung des neuen Menschenbildes generell ausging, sondern dass unterhalb der beschränkten (aber immerhin relativ exakt arbeitenden) Kruste unseres Verstandes unser wahres Selbst residiert.

Diesen Weg hinunter in unser Selbst nehmen wir täglich auch immer wieder in unseren Tagträumen. Diese begleiten jeden von uns, nicht nur die, die das gar nicht zu verbergen suchen, sondern auch die, die gelernt haben, sich nach außen als gefühlsunabhängige reale Wesen zu präsentieren. In den westlichen Ländern gilt es als verpönt, tagsüber für andere sichtbar zu schlafen -nicht so in Asien. Da erlebt man es oft,dass ein Gesprächspartner mitten im Gespräch plötzlich die Augen schließt und zu seinen Träumen hinabsteigt. Solchen Tagschläfern begegnet man dort sogar mit höchstem Respekt. In China habe ich überall die Kassiererinnen in Supermärkten schlafend über ihre Kassen gebeugt gesehen,wenn mal kein Kundenandrang da war.

Eine weitere höchst überraschende Erkenntnis der neuen Schlafforschung  ist die, dass wir nicht nur in der REM-Phase des Schlafs (rapid eye movement) träumen, sondern ab dem Schlafbeginn bis zum Aufwachen in jeder Phase. Den ganzen Schlaf über ist der Mensch weitgehend immobilisiert. In der REM-Phase mit ihren lebhaften Träumen bewegen sich nur die Augäpfel, während die Träume im Tiefschlaf sowie in den Einschlaf- und Aufwachphasen ganz ruhig sind.Im Einzelnen gibt es da noch viel zu erforschen. Die australischen Aborigines sind der Realtität der in Tag und Nacht immer präsenten Traumwelt übrigens intuitiv sehr nahe gekommen. Sicher können wir von ihnen noch viele Anregungen kriegen.

Wir sind auf dem Weg zu verstehen, dass wir uns zum Vorteil unserer Selbst immer wieder aktiv in unsere Traumwelt hinein begeben sollten. Wir lernen z.B. besser, wenn wir vor dem Schlafengehen Dinge aufnehmen, die wir am nächsten Tag präsent haben wollen. Die Wege dahin – Meditation und Autosuggestion – sind gut bekannt, s. z.B. http://www.essenspausen.com/meditation-schafft-lebensraeume/.

 

Klarträume

Luzide oder Klarträume sind ein hochinteressantes Phänomen, von dem her sich die Wirkzusammenhänge von Wachen, Schlaf und Traum besonders gut verstehen lassen.Ob Klarträume allerdings eine große praktische Bedeutung haben, ist noch nicht hinreichend gesichert.

Nach Erhebungen soll jeder zweite Mensch in unseren Breiten wenigstens einmal in seinem Leben eine solche Traumerfahrung  gemacht haben. Ich persönlich weiß von vielen phantastischen langen Handlungssträngen, die ich in Träumen erlebt habe, während ich mir im Traum dessen vollauf bewusst war, dass ich mich im Traum befand. Ich habe sogar in einem Fall eine Vorstellung davon gehabt, dass ich im Traum in einen Schlaftraum gefallen bin. Das will ich aber nicht vertiefen, weil der Nutzeffekt solcher Endlosschleifen voraussichtlich nicht bedeutend ist.

Ein Kommentar zu “Schlaf und Traum: Wir „ticken“ ganz anders!”

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