Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Fragen zu den Kontrollhormonen

Erstellt von r.ehlers am Sonntag 15. Dezember 2013

Sachbezug: Hormone, Neurotransmitter, Aufgaben der Hormone, Kontrollfunktionen

Das allgemeine Wissen über Hormone ist trotz enormer Ausweitung des Wissens in Medizin und Biochemie und der öffentlichen Berichterstattung über spektakuläre Vorgänge aus ihrem Bereich bis heute noch sehr gering. Weil das richtige Essen einen grundlegenden Einfluss auf  die Bereitstellung der Hormone durch den Körper hat, ist das ein unhaltbarer Zustand. Nicht nur was das Schlüsselhormon Serotonin anbelangt, höre ich fortlaufend Verständnisfragen zu den Hormonen, zu denen ich hier gern im Zusammenhang  etwas sagen möchte. Es geht hier nur um einzelne Aspekte, nicht das ganze weite Gebiet der Endokrinologie.

-de.wikipedia.org-

Das letzte Jahrhundert ist das Jahrhundert der Hormone. Man kann nicht sagen, dass die Menschen die Neuigkeiten über ihre Wirkungen freudig  aufgenommen gehabt hätten. Sie hatten vielmehr große Angst vor der Macht der Hormone. Noch heute haben sich die meisten Menschen nicht damit abgefunden, dass sie ihr Gefühlsleben und die Funktion ihrer Organe nicht nach eigenem Willen steuern können, vielmehr vom Einsatz der dazu bestimmten Hormone und Botenstoffe abhängig sind.

Schon im 16. Jahrhundert waren viele Drüsen bekannt, von denen wir heute wissen, dass sie Hormone  produzieren, z.B. die Schilddrüse, die Hirnanhangdrüse und die Nebenniere. Man sah diese Drüsen und die von ihnen ausgeschiedenen Stoffe aber nur in ihrem funktionalen Zusammenhang mit den Körperorganen, mit denen sie direkt verbunden waren. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts stellte man fest, dass diese Stoffe im ganzen Körper ihre Wirkungen haben.

1901 wurde als Erstes das Adrenalin entdeckt. Schon früh folgten das Schilddrüsenhormon Thyroxin, das Insulin, die Geschlechtshormone und das Cortison (Cortisol). Etwa  100 Hormone sind heute bekannt. Man vermutet aber die Existenz von Tausenden, die alle ihre eigenen Wirkungen haben. Kein Wunder, dass längst nicht alle Gesundheitsstörungen und die richtigen Weg zu ihrer Behebung bekannt sind. Über die Sonderrolle von Serotonin, dem Schlüsselhormon und wichtigsten zentralnervösen Botenstoff,  habe ich auf diesen Seiten immer wieder geschrieben, ausführlich in meinem Buch „Wohlfühlhormon  Serotonin“, Via Nova, 2012.  Gastroenterologisch gesehen war die Entdeckung des Insulins mit die wichtigste Leistung, weil man damit der biochemischen Umwandlung von Zucker in Energie in den Verbrennungskammern unseres Körpers näher kam. Zudem hatte man endlich ein Produkt gegen die unheimliche tödliche Zuckerkrankheit (Diabetes).

I.

Ständig gibt es bei einigen Fachleuten, besonders aber bei den Laien, eine Verwirrung bezüglich der Begriffe Hormone und Botenstoffe bzw. Neurotransmitter. Dazu gibt es noch den Begriff der Gewebshormone. Dabei sind alle gleich. Sie haben exakt denselben Molekülaufbau. Innerhalb des Nervensystems, insbesondere im Zentralnervensystem (ZNS), dem Gehirn, arbeiten sie anders als außerhalb.

Im ZNS wandern die Botenstoffe, in Vesikel genannte Behältnisse verpackt, durch abgehende Nervenbahnen (Neuronen) zum Synaptischen Spalt, an dem sich die Enden  der abgehenden Neuronen (Axone) mit denen Aufnahmestellen der angesteuerten Nervenzellen (Dendriten) treffen. Die Vesikel platzen auf, und die Botenstoffe wandern durch den schmalen Synaptischen Spalt zu den Rezeptoren auf den Dendriten. Dazu braucht es verschwinden kleine Mengen der Botenstoffe, um größte Wirkungen zu erzielen.

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Im Körper außerhalb des Nervensystems, also in den Körperzellen und dem ganzen außerzellulären Raum, zu dem die Organe, der Verdauungstrakt, aber auch Blut, Lymphe, Knorpel und Knochengewebe gehören, kommen hundertfach größere Mengen der Hormone als Gewebshormone zum Einsatz. Dort geben sie auch Steuerinformationen weiter, aber nicht auf dem komplizierten Wege wie bei der Informationsübertragung  von einer Nervenzelle zur nächsten.  Serotonin beispielsweise reguliert unmittelbar die Spannung der Blutgefäße.

In Kenntnis dieser Zusammenhänge bleibt nichts mehr von der ursprünglichen Sprachverwirrung. Es gibt nur den einen Begriff der Hormone, die nur an unterschiedlichen Orten auf unterschiedliche Weise eingesetzt werden.  Hormone sind sie alle, die Gewebshormone und die Neurotransmitter oder Botenstoffe.

 

II.

Eine weitere Ungereimtheit sehen viele Menschen in der Funktion bestimmter Hormone, die – wie Serotonin – Kontrollhormone genannt werden. Muss man das so verstehen, dass Hormone auf der einen Seite positive Wirkungen entstehen lassen können und als Kontrollhormone nur das Gegenteil tun, also Wirkungen begrenzen oder verschwinden lassen?

Tatsächlich sind die Aufgaben der meisten Hormone klar begrenzt. Adrenalin z.B. hat im ganzen Körper wichtigste Aufgaben, etwa zur Anregung des Blut-Kreislaufs und der Fettverbrennung. Obwohl es wegen seiner Molekülgröße die Blut-Hirn-Schranke eigentlich nicht überwinden kann und – wie bei Serotonin- eine  eigene Produktion im Hirn nicht bekannt ist, übt es dort doch starke Stress erzeugende Wirkungen aus. Wird dank Adrenalin die Leistung des Körpers hochgefahren, senkt es zugleich die in dieser Phase nicht so wichtige Aktivität des Magen-Darm-Traktes. Insoweit fungiert es sachlich eng begrenzt auch einmal als Kontrollhormon.

Die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin, Testosteron und Cortisol, die für das Aufschaukeln von Stress bis zur berüchtigten Stresskaskade verantwortlich sind, können indirekt einen hemmenden Einfluss auf das Anti-Stress-Hormon Serotonin ausüben, dies aber nur, wenn Serotonin im Gehirn knapp geworden ist.  Sie tun dies, indem sie einen hohen Verbrauch an Serotonin erzwingen, das dann für andere Aufgaben fehlt. Ich erinnere noch einmal an die unglaubliche Fülle der Aufgaben, wie ich sie vor langer Zeit hier dargelegt habe:  die Herstellung allgemeinen Wohlbefindens, die sinnliche Wahrnehmung, ferner die Kontrolle von Stress, Nahrungsaufnahme, Wachen und Schlafen, Belastbarkeit, Müdigkeit, Erregung, Aggression, Schmerz, Angst, Zwang, Körpertemperatur, Impulsivität, Sexualität, Sucht und Suizidalität, schließlich noch die Modulation aller anderen Transmitter im gesamten Gehirngeschehen, s. http://www.essenspausen.com/das-unglaubliche-serotonin/ 

Das Kontrollhormon schlechthin ist natürlich das Serotonin. Die Endokrinologie sieht „nur“ im Effekt der Schaffung von Wohlbefinden und in seiner aktiven Beteiligung bei der sinnlichen Wahrnehmung eine eigenständige Aufbaufunktion. Ich würde nach meinen Überlegungen hinzufügen, dass Serotonin auch das Einschlafhormon ist, ohne dessen Wirkung der Schlaf gar nicht eingeleitet werden kann.

Im Übrigen macht Serotonin selbst wohl nichts selbst, kontrolliert aber anderweitig entstandene Zustände. Es schafft keinen Essensdrang, ganz im Gegenteil begrenzt es ihn. Es verursacht nicht Stress, Schmerz, Angst, Zwang,  Impulsivität, Sucht und Suizidalität, sondern macht sie tragbar oder beseitigt sie. Die Körpertemperatur steigt oder fällt angesichts anderer innerer und äußerer Einflüsse. Serotonin stellt nicht einmal die genaue Körpertemperatur ein. Es macht nur Hitze und Kälte erträglicher.

Die Sexualität profitiert auch nicht im originären sexuellen Drang von Serotonin, sondern nur durch die Kontrolle überscheißender Aktivität. Die Strukturierung  des Sexualtriebs macht ihn sozial verträglicher. Durch die Befreiung vom Stress und die Anhebung des allgemeinen Wohlbefindens verbessert Serotonin allerdings indirekt doch die Basis für die Ausübung sexueller Aktivität.