Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Essgewohnheiten sind zäh

Erstellt von admin am Freitag 23. August 2013

Sachbezug: Essgewohnheiten, Essenspausen, Verhaltensforschung, Macht der Gewohnheit

  1. Der Ausgangspunkt

Ob wir gesund sind also körperlich, psychisch und geistig in guter Verfassung, hängt davon ab, ob wir unsere Systeme in Schwung halten und uns gut versorgen.

Wer geistig nicht gefordert wird, wird geistig blind.

Wer nichts erlebt, wird emotional stumpf.

Wer seinen Körper nicht richtig ernährt und ihm nicht den natürlichen Wechsel von Ruhe und Anspannung gönnt, verliert nach und nach die vollen Körperfunktionen.

Am Ende stehen Dummheit, Gleichgültigkeit, Krankheit und ein zu früher Tod.

 

  1. Die Macht der Gewohnheit

Was steht denn dem entgegen, dass wir uns körperlich, psychisch und geistig gut in Schuss halten? Wenn wir genau hinschauen, erkennen wir, dass absolut nichts dagegen spricht – außer der menschlichen Trägheit. Selbst wenn wir genau wissen, was für uns gut ist, schaffen wir es nicht, das auch zu tun. Wir sperren uns gegen neue Erkenntisse und neue Verhaltensweisen und machen weiter wie gewohnt.

Dieser praktische Konservatismus hat natürlich einen tiefen Sinn. Gerade angesichts großer persönlicher Freiheit gibt es unendlich viele Möglichkeiten, Fehler zu machen. Allzu leicht fallen wir auf hohle Sprüche herein. Da bleiben wir doch lieber bei den Verhaltensweisen, die wir gewohnt sind! Es ist also nicht bloß Faulheit, wenn wir uns neuen Wegen verschließen. Wir folgen damit einer eingefleischten inneren Grundhaltung, die unser nach außen vorgetragenes Verhalten regiert. Dass wir keine rational dominierten Wesen sind, hat sich gewiss allgemein herumgesprochen.

Beugen wir uns in unserem Verhalten – so wie die allermeisten Menschen – ganz der Macht der Gewohnheit, sind wir zwar gegen manche neumodischen Verrücktheiten gefeit. Was aber schon immer falsch war, werden wir dann auch nicht ändern. Durch die Änderung der äußeren Bedingungen unbedingt erforderliche Änderungen im eigenen Verhalten bleiben aus.

 

  1. Essgewohnheiten sind zäh

Immer wieder versuche ich, meinen Mitmenschen den reichlichen Konsum „leerer“ Lebensmittel, von Industriezucker (HFCS), von billigen Pflanzenfetten, Weissmehl und anderen hoch verarbeiteten Lebensmitteln auszureden. Ich warne besonders gesundheitsbewusste Frauen vor dem Schlingen von Rohkostsalaten und propagiere allgemein die Einhaltung möglichst großer Pausen zwischen den Mahlzeiten. Da ich die Macht der Gewohnheit kenne, freue ich mich über jede erzielte Verbesserung im Verhalten bei mir selbst und meinen Mitmenschen und jammere nicht groß herum, dass wir es alles in allem selten schaffen, das zu tun, was wir bei reiflicher Überlegung für richtig halten.

Selbst Lebensmittelskandale wie die Versetzung der Lebensmitten mit Pestiziden und Hormonen und gar schwere Verunreinigungen von Lebensmitteln oder ihre – erlaubte oder verbotene – Versetzung mit Fremdstoffen hat nur wenig Einfluss auf die Änderung unserer Essgewohnheiten. Das ergab eine aktuelle Meinungsumfrage der EMNID. Nur jeder Fünfte der Befragten ändert nach Bekanntwerden von Verunreinigungen in Lebensmitteln tatsächlich sein Ess- und Einkaufsverhalten. Die guten Vorsätze halten dann aber auch nur bei lediglich 11,4 Prozent der Befragten länger an.

Das Phänomen der Gewohnheit ist indessen nicht eine abstrakte Größe. Gewohnheiten sind rein materiell in den neuronalen Systemen unseres Gehirns verankert. Sie nutzen unsere zentralnervösen Einrichtungen wie beispielsweise die Amygdala (Mandelkerne), in der die Wahrnehmung von Gefahr und Angst, Erregung und Lustempfinden. Verankert sind die Gewohnheiten auch im Hypothalamus, der Zentrale für die Steuerung des gesamten vegetativen Systems und des im Vorderhirn befindlichen Nucleus Accumbens, der eine zentrale Rolle im sog. mesolimbischen System, dem „Belohnungssystem“ des Gehirns sowie bei der Entstehung von Sucht spielt. Auf für uns noch immer weitestgehend rätselhafte Weise sind dabei unsere Gehirnbotenstoffe beteiligt, im Sinne der Herstellung einer Harmonisierung besonders das „Wohlfühlhormon“ Serotonin.

Man kann, wenn man will, je nach individueller Entwicklung der Betroffenen zwei unterschiedliche typische Gewohnheitsesser definieren. Sie unterscheiden sich durch die unterschiedlichen emotionalen Antriebe. Man kann sie zusammenfassend daher gut bezeichnen als:

E m o t i o n a l e E s s e r !

 

  • Belohnungsesser: Das sind Menschen, die es gewohnt sind, möglichst immer eine gute Leistung zu erbringen, sei es im Beruf, in der Familie oder in der Freizeit. Solange sie ihren Aufgaben nachkommen, halten sie jedem Druck gut stand. Wehe aber, wenn sie zur Ruhe kommen! Dann gönnen sie sich einfach mal was! Meist liegt die Belohnung beim Essen und beim Trinken. Es kann aber auch sein, dass man sich außer der Reihe einen Kinobesuch gönnte oder dass man sich Dinge kauft, die man eigentlich gar nicht braucht. Was das Essen anbelangt, sind Belohnungsesser schon seit ihrer Kindheit vorwiegend auf „süß“ geeicht, wodurch sich auf Süßes hin ein vorübergehendes Gefühl von Wohlbefinden einstellt. Einige brauchen unbedingt Schokolade, weil diese das erst vor Kurzem entdeckte Schokoladenhormon Enkephalin lockt.

Eine ausreichende Verfügung über den Botenstoff Serotonin kann hilfreich sein, das Belohnungsessen besser anzugehen. Immerhin unterbindet diese oberste Esskontrollsteuerung offensichtlich den einfachen biologischen Drang, Nahrung zuzuführen. Sie beseitigt auch zuverlässig Heißhungerattacken (binge eating). Ganz automatisch verliert sich aber auch bei guter Verfügung über Serotonin nicht das Verhaltensschema, nach dem Erfolg die Belohnung zu suchen. Ein wenig erinnert der Belohnungsesser an den Seelöwen im Aquarium, der auch nach jedem erfolgreichen Kunststück seine Belohnung erwartet. Nur kann der so geeichte Mensch sich zusammenreißen und schlägt erst dann beim Essen richtig zu, wenn es ihn dünkt, dass er sich genügend angestrengt hat. Er isst dann auch ohne Hunger zu haben.

Der Belohnungsesser kommt von seinem Problem nicht herunter, wenn er nicht begreift, dass sein Verhalten bis in den Kern seines Wesens hineinreicht. Wenn er nicht verinnerlicht, dass er sich täglich etwas vormacht, indem er ständig nach Leistung strebt und sich zwanghaft dafür seine Belohnungen zuteilt, kann er nicht nachhaltig abnehmen und ein gesundes Körpergewicht halten.

 

  • Frustesser: Frustration, Sorgen und Ängste finden beim Frustesser in der unvernünftigen Nahrungsaufnahme ihr Ventil. Aus Enttäuschung für fehlende Lebensfreude und im Versuch, künftigem Frust durch die positive Erfahrung der Nahrungsaufnahme vorzubeugen, werden nach Expertenmeinung mehr Menschen fett als durch sonst eine Einstellung oder eine Maßnahme.

Wer über Jahre hinweg die Freude am Leben vermisst und den Mangel durch unmäßiges Essen ausgleicht, kann durch keine Diät dauerhaft Hilfe gegen sein Übergewicht finden. Erst wenn er begreift, dass seine übertriebene Nahrungsaufnahme der direkte Ausdruck seines Unbehagens am Leben ist, kann er die Weichen neu stellen. Mit der Verbesserung der Verfügung über den hormonellen Esskontrolleur Serotonin kann der Frustesser zwar seinen animalischen Hunger dämpfen und die ominösen Fressattacken beseitigen. Allein damit ist das Problem aber nicht zu lösen. Die Psyche braucht eine Besänftigung durch das Esserlebnis.

Ein Sonderfall des Frustessers ist der einsame Esser. Wer regelmäßig allein lebt und allein seine Mahlzeiten zu sich nimmt, läuft Gefahr, dass das Essen den Ersatz für fehlende soziale Kontakte übernimmt. Es erhält dann einen für den Alleinstehenden zu großen Stellenwert. Sich des Problems bewusst zu werden, um die Umstände des Lebens ein wenig zu ändern statt nur das hohe Körpergewicht zu betrauern, ist ein guter Weg zur Besserung.

Neben den emotionalen Gewohnheitsessern gibt es wohl auch Menschen, die gar nicht unter besonderem psychischen Druck stehen müssen, um einfach stur bei falschen Essgewohnheiten zu bleiben, die sie einmal angenommen haben. Ich nenne sie schlichte Gewohnheitsesser. Wenn sie allerdings einmal ihrn Verstand einschalten und ihre Gewohnheiten hinterfragen, können sie ihr Verhalten leicht ändern.

Ähnlich ist es mit den Menschen, die mit unvernünftigem Essen und Trinken zwar keine Defizite abdecken wollen, aber versessen sind auf die Genüsse, die es ihnen bietet. Solche Lustesser, die sich in ihrem Essverhalten nur von ihrem Appetit leiten lassen und die Vernunft abschalten, können ebenfalls realtiv leicht umlernen. Ihnen wird ja auch nicht viel genommen, weil das Essen und Trinken mit Genuss ja als wichtiges Moment im Leben erhalten bleibt, wenn man nur die Übertreibungen sein lässt.

 

  1. Änderungen der Essgewohnheiten sind unverzichtbar

Die vorstehende Darlegung der Macht der Essgewohnheiten zeigt uns, dass wir auf die Veränderungen in unserer Umwelt mit neuen Gewohnheiten reagieren müssen.

Wenn sich in der Natur das äußere Umfeld eines Lebewesens nicht ändert und auch sein Ernährungswissen nicht gewachsen ist, ist eine Änderung der Essgewohnheiten nicht angezeigt. Heute aber wissen wir Menschen sehr viel mehr über die Funktionen unseres Körpers, des Gemüts und des Geistes. Wir haben auch ganz neue Erkenntnisse über die starken Wechselwirkungen, die alle Ebenen unserer Existenz durchziehen. Wir brauchen nicht einmal an eine Ganzheitlichkeit allen Seins und Wesens zu glauben, um zu wissen, dass unsere materiellen Bedürfnisse wie die Ernährung durchschlagen auf unsere Psyche und unsere geistige Verfasstheit – und umgekehrt.

Zudem hat sich unsere äußere Welt grundlegend verändert. Wir werden geistig und emotional immer mehr gefordert, während wir körperlich unterfordert werden. Es geht gar nicht mehr, dass wir unsere früheren Ess- und Lebensgewohnheiten weiter pflegen wie bisher. Denn dies führt in die gesundheitliche Katastrophe, die bereits begonnen hat. Die heutige Welt setzt die Menschen psychisch extrem unter Druck und nimmt ihnen zugleich den nötigen Ausgleich durch ausreichende Bewegung und befriedigende soziale Kontakte. Ein großer Schritt in die richtige Richtung ist die zuverlässige tägliche Bestimmung fester möglichst gemeinsamer Essenszeiten und damit zugleich die Einhaltung der zum Zwecke des Fettabbaus unverzichtbaren Essenspausen.

Zwar hat uns die Medizin mit ihren Erkenntnissen ein deutlich längeres Leben ermöglicht. In der großen Zahl können wir dieses längere Leben aber kaum genießen, weil wir seither immer mehr gepeinigt werden von den Zivilisationskrankheiten, insbesondere den Stoffwechsel- und Kreislauferkrankungen und den psychischen Leiden, die es früher so nicht gab. Zivilisationskrankheiten wie der Altersdiabetes treten heut schon bei Kindern auf. Wir sind schon im Interesse unserer Kinder dringend gefragt, uns damit zu beschäftigen und die Weichen neu zu stellen.

 

5. Alle Diäten sind für die Katz

Verstehen Sie, wie dumm und/oder verlogen es ist, einen Übergewichtigen dazu bringen zu wollen, allein eine der vielen Ursachen zu ändern, die mit dem Abbau von Körperfett zu tun haben?! Monokausale Konzepte wie das Abzählen von Kalorien, die Verringerung von Kohlenhydraten, Fett oder Eiweiß, das Essen zu Tag oder Nacht, der Verzehr dieser oder jener Nahrungsinhaltsstoffe, die Aufnahme von Quellmitteln oder die künstliche Verringerung von Nahrungsfett (fatburner) fallen unter das eine Thema der gnadenlosen Abzocke der Betroffenen.