Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Pfefferminztee nach der Weihnachtsgans!

Erstellt von r.ehlers am Sonntag 21. Dezember 2014

Ist Pfefferminztee geeignet bei Magen-Darm-Beschwerden?. Pfefferminztee hilft bei Erkrankungen der Atemwege (Quelle: Thinkstock by Getty-Images)

Bildquelle: Thinkstock bei Getty Images

 

Der Ausgangspunkt : Eine frappierende Information

Bevor wir auch in diesem Jahr nach dem fetten Weihnachtsbraten mal wieder alles falsch machen und auf den prall gefüllten Magen einen kräftigen Schnaps, den berühmten Verteiler kippen, will ich Ihnen den Vorschlag zur Kenntnis geben, den meine kluge Freundin Gabi Knörr, mir gerade per Mail  übermittelt hat (Hervorhebungen von mir):

„… Wobei ich beim Thema wäre: Ich habe vor kurzem gelernt dass Pfefferminztee die Galleabsonderung  der Leber, den Gallenfluss, um das 9-fache steigert und somit Völlegefühl und andere unangenehme Begleiterscheinungen nach fettem Essen verhindert. Die Galleflüssigkeit ist ja notwendig zur Fettverdauung. Aber keineswegs Teebeutel verwenden sondern tatsächlich getrocknete Pfefferminzblätter(Reformhaus) da das ätherische Öl Menthol sehr flüchtig ist und beim Zerbröseln der Blätter haste was kannste verduftet. Die marokkanische Minze => Krauseminze, hat diesen verdauungsfördernden Effekt nur in ganz geringer Form.

Also keinen Schnaps zur Verdauung, sondern eine Tasse Pfefferminztee. Da werden sicher einige Leute dumm gucken, wenn es nach dem Essen keinen Schnaps gibt, sondern Pfefferminztee….“

Auf den ersten Blick dachte ich:

“ Das ist aber toll. Ich trinke zwar bewusst keinen Alkohol mehr, wenn er aber im Ausnahmefall eines sehr fetten Essens eine wirklich gute Wirkung auf die Verdauung auslösen würde, tränke ich doch das eine Glas von dem schwedischen Aquavit, dem Fernet-Branca oder der Williamsbirne, die ich noch im Schrank herumstehen habe. Die Streitfrage der Gourmets, ob man den Verteiler eiskalt oder lauwarm servieren soll, ist wohl unerheblich. Aber wenn der Pfefferminztee eine so tolle Wirkung hat, nehme ich lieber den und freue mich, dass ich mit Alkohol nichts (mehr) am Hut habe.“

-de.wikipedia.org-

Ich habe dann aber doch wieder meinen kritischen Verstand eingeschaltet und bin der Sache tiefer auf den Grund gegangen.

Bei meiner Recherche stellte ich sofort fest, dass andere bei dem Thema schon sehr gründlich vorgearbeitet haben, beispielsweise die Gesundheitsplattform Doccheck auf http://news.doccheck.com/de/171/verdauung-ein-glaschen-in-ehren/.  Dort steht aber nicht die Alternative zum Trinken eines Verteilers im Vordergrund, sondern allein der fragliche Nutzen der  Alkoholaufnahme selbst. Es bleiben aber auch da, wie ich zeigen werde, reihenweise Fragen offen.

 Vorfragen bei der Entscheidung über Frage und Antwort

Bei  einer alternativen Fragestellung, um die es hier geht, ob man also nach fettem Essen Schnaps oder Pfefferminztee auf den Tisch bringen soll, lauert immer die Gefahr, dass man schon in der Fragestellung, erst recht aber in den Schlussfolgerungen aus den getroffenen Tatsachenfeststellungen die eigentlich sehr unterschiedlichen Probleme  miteinander vermengt und letztlich keine Frage kompetent beantwortet.

Alternativen Fragestellungen ist zudem oft eigen, dass sie apodiktisch festlegen, dass eine der Lösungen allein richtig sein soll, während die andere ganz ausscheidet. Dabei sind alternative Fragestellungen zunächst nur eine Versammlung mindestens zweier Fragen, die gar nicht unbedingt miteinander zu tun haben müssen. Warum also nicht erst einen Verteiler trinken und dann einen Tee oder umgekehrt?

Besonders gern vermengt werden die Tatsachen, die man in der Vorbereitung der Lösung des Problems zusammenträgt. Probleme zu erkennen und zu lösen braucht aber vor der Entscheidung über die richtige Antwort die grundlegende Beschaftigung mit der Fragestellung als solcher. Dass „Gute Frage halbe Antwort“ ist, weiß man natürlich besonders gut im Patentrecht. Dort ist es ein geflügeltes Wort, dass die richtige Fragestellung bereits die halbe Innovation, also den hlaben Wert der Erfindung ausmacht. Sehr nachdenknswert ist eine Beobachtung des genialen Erkenntnis- und Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein:

„Die Tatsachen gehören alle nur zur Aufgabe, nicht zur Lösung des Problems.“ Tractatus Logico-Philosophicus

 

Schwierige Entscheidung nach dem Stand des Wissens

Bei Doccheck beziehen sich die Autoren auf einzelne Studien mit genau definierten Asgangspunkten und klar beschriebenen Ergebnissen.

So verweisen sie darauf, dass der Mannheimer Internist Professor Dr. Manfref Singer in einer Studie festgestellt hat, dass alle Verteiler – Magenabschlussgetränke, wie er sie nennt – absolut keine verdauungsfördernden Wirkungen haben. Versuche in der Schweiz ergaben sogar, dass nach dem Essen konsumierter hochprozentiger Alkohol nach einem von ein wenig Wein begleitetem fetten Essen die Verdauung eher hemme als fördere. Zum Vergleich zogen sie die Ergebnisse der Fettverbrennung von Probanden hinzu, die beim Essen Wasser getrunken hatten und nach dem Essen schwarzen Tee. Gemessen wurde der Gehalt von mit Kohlenstoffatomen C 13 markierten Fettsäuren in der Atemluft.

Professor Dr. Helmut Karl Seitz von der Universität Heidelberg meint dagegen, dass ein Schnaps nach fettem Essen die Magenbewegung und damit die Magenentleerung fördere. Ist es nicht nachvollziehbar, dass der hochprozentige Alkohol die Muskulatur der Magenwand entspannen, vielleicht sogar ein wenig lähmen könnte, sodass das Magendrücken reduziert würde?

Es ist doch bekannt, dass Alkohol ein guter Träger ist für ätherische Öle. Wenn im Verteilerschnaps Kräuter enthalten sind, kommt man vielleicht zu einer ganz anderen Bewertung ihres Verdauungswertes. Wie beim Pfefferminztee  können auch so der Magen anaesthetisch beruhigt und der Gallenfluss „cholagog“ begünstigt werden.

Alternativ kann auch ein Glas Orangensaft die Fettverdauung fördern, dies durch die in ihm enthaltenen Flavonoide und Antioxidantien, wie Studien ergaben.

Auch Kaffee kann die Verdauung nach fettreichem Essen etwas fördern. Verantwortlich dafür ist nicht das Koffein. Diese Wirkung haben dagegen die Röststoffe (Polyphenole), die allerdings auch Eisenräuber sind,    und die Kaffeesäure (Chlorogensäure).   Entcoffeinierter Kaffee hat noch die Kaffeesäuzren und tut dieselben Dienste für die Verdauung.

Überhaupt Säuren! Der Magen braucht sie zur Erfüllung seiner Aufgaben. Bei Refluxproblemen muss man natürlich sehen, wie man überschüssige Säureproduktion verhindert. Aber man muss wissen, dass Säureblocker auch die Gallensäure zurückdrängt, die für einen guten Verstoffwechslungserfolg unverzichtbar ist. Nichts also ist mit dem lockeren Spruch:

„Rennie räumt den Magen auf!“

 

Resumée

„Ein Schnäpschen in Ehren kann niemand verwehren!“  Wenn es die Gepflogenheiten verlangen, spricht nichts dagegen, sich ausnahmsweise auch einmal ein gutes Stück vom relativ fetten Weihnachtsbraten zu gönnen. Ist dann der Magen prall gefüllt, passt immer noch ein kleines Glas Orangesaft obendrauf und zudem ein „Pinnchen“ kräuteriger hochprozentiger Schnaps. Zur Krönung macht sich auch eine Tasse Kaffee recht gut – für den, der will, ganz oben drauf an Stelle des Kaffees auch ein Pfefferminztee.  All das tut gut.

Für alle Tage sollte man so nicht essen und trinken, nicht so viel, nicht so fett, nicht so viel tierisches Eiweiß, keinen Schnaps, Kaffee nur in Genzen – Pfefferminztee und andere Tees natürlich gern und immer wieder!