Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Krank durch Rohkost

Erstellt von r.ehlers am Donnerstag 30. Januar 2014

Gelegentlich höre ich von jungen Leuten, dass sie ganz stolz sind, dass sie nur gekochte Nahrung essen. Rohkostsalate, rohes Gemüse und rohe Kräuter schmecken ihnen einfach nicht. Rohen Fisch und rohes Fleisch lassen sie wegen der bekannten Gesundheitsgefahren  weg, wenn sie sich nicht gar davor ekeln.

Da fragen nicht nur überzeugte Rohkostler, ob das gut gehen kann!

 

 

Junge Leute können das eine ganze Weile so durchhalten. Langfristig aber ist damit zu rechnen, dass es zu Fehlversorgungen kommt, wenn in die gesamte verzehrte Nahrung eines Menschen keinerlei funktionsfähige Nahrungsenzyme mehr enthält. Auch die Versorgung mit anderen nicht hitzestabilen Mikronährstoffen wie auch den wasserlösöichen Vitaminen kann kritisch werden.  Eine große Hilfe ist aber der Verzehr von Nüssen und Obst. Auch wirkt es Mangelversorgungen entgegen, wenn in der Küche  nicht vorwiegend gekocht, sondern gedünstet wird und wenn alle Koch- und Bratvorgänge so kurz wie möglich gehalten werden.

Der Trend geht indessen in die gegengesetzte Richtung. Der Verzehr roher Speisen ist „in“. Besonders  gefragt sind raffinierte Salate, Obst, fruchtige und grüne Smoothies, roher Fisch und Meeresfrüchte in Sushi und Sashimi, Carpaccio vom Rind oder Fisch,  Rindersteak „rare“ und  Rindertatar mit rohem Eigelb.

Der  bekannte vom Magazin Cicero für den Bereich der Naturwissenschaften unter „Deutschlands wichtigste Vordenker“ gelistete Lebensmittelchemiker Udo Pollmer, der sonst so überaus praktisch denkt, hat recht  tiefsinnig darüber gerätselt, ob der Mensch nicht in der Evolution vom Pflanzenfresser –Herbivoren-, Fleischfresser  –Carnivoren–  und Allesfresser –Omnivoren– zum Kocivoren mutiert ist ,nachdem er seine Nahrung zu kochen gelernt hat. Wahre Rohkostfanatiker, die es neben den vielen ernst zu nehmenden Verfechtern roher Kost auch gibt, denken dagegen daran, den Kochtopf als Teufelszeug zu brandmarken und wegzuwerfen.

Wenn man ins Detail geht, stellt man fest, dass mal wieder die Wahrheit in der Mitte liegt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Obst und Gemüse einerseits und tierischen Produkten andererseits, wobei roher Fisch besonders sorgfältig zu prüfen ist.

 

1.Obst und Gemüse

Wer als Teil der heute üblichen Mischkost auch pflanzliche Rohkost zu sich nimmt, riskiert ganz sicher wenig, wenn er sie bis auf ihre Fasern herunter zerkleinert  aufnimmt oder sie durch Bearbeitung in der Mundhöhle dahin bringt.

Es versteht sich, dass er nur essbare, ungiftige Pflanzenstoffe auswählt.  Darüber hinaus muss er sicherstellen, dass diese Nahrung frisch und nicht verunreinigt ist. Sind sie voller krankmachender Bakterien wie E. coli oder Listerien oder voller Viren (Hepatitis A und Noroviren, ist der Schaden groß. Das Kochen bei 100 °C tötet alle diese Keime zuverlässig ab.

Besondere Vorsicht ist geboten bei kleinen Kindern, die noch keine stabile Immunabwehr haben, aber auch bei Rekonvaleszenten und betagten Menschen, bei denen  die Abwehrkräfte vermindert sind.

Hier und da verbessert das Erhitzen der Nahrung auch die Bioverfügbarkeit pflanzlicher Nahrung. Bekannt ist, dass das Beta-Carotin (Vitamin A) aus der Karotten und  dem Spinat und das  Lycopin aus der Tomate erst durch behutsames Kochen (und zusammen mit Fetten) voll nutzbar werden.

Einige rohe Gemüse sollte man gar nicht roh essen, weil sie zu viele toxische Inhaltstoffe mitbringen, die Magen-Darm-Beschwerden hervorrufen  und die Verstoffwechslung stören.  Dazu gehören bekanntlich generell alle Hülsenfrüchte (Hämagglutine/Protease-Inhibitoren), Kartoffeln (Solanin/Protease-Inhibitoren), Kohl und Kraut (Glukosinolate), darüber hinaus  in mehr als kleiner Menge Rhabarber, Spinat, Sauerampfer und Stachelbeeren (Oxalsäure) sowie rote Rüben, Süßkartoffeln, Reis und Quinoa. All diese überscheubaren Gefahren werden stark gemindert oder ganz aufgehoben durch gründliches Waschen, mehr noch durch Schälen und sehr gut auch durch Blanchieren.

Bekanntlich gewinnen viele rohe Pflanzenstoffe, die gute Anteile an Proteinen und Zuckerstoffen haben, gewinnen sehr an Geschmack, wenn sie thermisch behandelt werden.  Dies liegt an der sog. Maillard-Reaktion, die beim Grillen und Braten von Fleisch besonders bekannt ist. Roher Spargel beispielsweise schmeckt gar nicht nach Spargel. Sein Geschmacksaroma ist das Dimethylsulfid, das sich erst beim Erhitzen aus dem Methyl-Methionin der Pflanze entwickelt.

Allergiker, die häufig keine Äpfel, Nüsse oder Sellerie vertragen, haben mit ihrem Verzehr keine Probleme, wenn sie gekocht sind oder auch nur im Zusammenhang mit der Trocknung Temperaturen von mehr als 70 °C ausgesetzt wurden.

 

2. Fleisch

In unseren Breiten bestehen angesichts der durchgehend guten amtlichen Fleischbeschau die in früheren Zeiten häufige Übertragrung von Trichinen durch rohes Schweinefleisch nicht mehr. Auch der früher heutige  Rinderbandwurm ist angesichts guter Hygiene- und Kontrolle kaum eine Gefahr. Im Notfall hat die Medizin sichere Wege, den bis zu 12 m langen Bandwurm aus dem Darm zu vertreiben.

Wer ganz sicher gehen will, dass er sich nicht einen solchen fleißigen Mitesser einhandelt, sollte rohes Fleisch einmal auf 18 ° C tiefgefrieren, weil das die Eier des Bandwurms und alle Keime tötet, selbst die Bakterien , die für die nachfolgend genannten weit  häufigeren Beeinträchtigungen verantwortlichen sind.  Für Schwangere gilt: „Doppelt genäht hält besser!“ Wenn sie Fleisch erst einfrieren und es nach dem Auftauen wenigstens „medium rare“ braten, schaden sie weder sich selbst noch dem neuen Leben.  Kümmert man sich da nicht, drohen Missgestaltungen des Kindes und Früh-oder Totgeburten.

Einer der beiden besonders gefährlichen Bakterienstämme in rohem oder unzureichend erhitztem Fleisch ist der sog. gondii-Erreger, der die Toxoplasmose auslöst. Es handelt sich meist nicht um eine schlimme Erkrankung mit allenfalls minderen Symptomen wie leichtem Fieber, Schwellung der Lymphknoten des Halses, Müdigkeit und Kopf-und Gliederschmerzen. Wer die Krankheut einmal durchgemacht hat, verfügt über Antikörper, die lebenslang jede Neuansteckung unterbinden.

Die Übertragung der Toxoplasmose erfolgt von der Katze zum Menschen:

 

-de.wikipedia.org-

Häufiger und gefährlicher ist die Ansteckung mit den auch von Mensch zu Mensch übertragbaren sog. Enterohämorraghischen Escheichia coli-Bakterium, meist kurz EHEC genannt.

Gerade in diesen Tagen verbreitet er sich mal wieder über ganz Deutschland. Er sondert Gifte ab, die  einen gefährlichen Darminfekt auslösen. In den schwersten Fällen kommt es zum Nierenversagen oder auch zu einem Hirnödem. Erste Anzeichen sind hartnäckiger Durchfall, Übelkeit und Bauchschmerzen. Wenn wie im gegebenen Zeitpunkt bekannt ist, dass die Krankheit grassiert, sollte man den Gang zum Arzt nicht hinausschieben, damit dieser erst einmal – hoffentlich – diese Krankheit ausschließt. Ist man infiziert, ist eine Art  Blutwäsche  angezeigt. Man vermutet, dass der Erreger außer durch kontaminiertes rohes Fleisch durch Tierkot oder auch nur den engen Kontakt mit Tieren verbreitet wird. In der akuten Phase kann der Erreger auch durch Kontakt mit einem befallenen Menschen übertragen werden.

Schließlich drohen bei rohem Genuss von Fleisch, aber auch von unpasteurisierter Milch und Käse bakterielle Magen-Darm-Infektionen, die durch die potenziell pathogene Keime ausgelöst werden können:  Listerien (Listeria monocygotes),  Yersinien (Yersinia enterocolitica), Campylobacter, Salmonellen, Clostridien und Mycobakterien  (Mycobacterium paratuberculosis) ausgelöst werden können.

Die in der Realität sehr häufigen Infektionen mit Salmonellen lassen sich nur durch konsequente Aktion in der Küche vermeiden. Geflügel, das besonders oft versucht ist, darf nie mit anderen Lebensmitteln oder mit Arbeitsflächen oder Gerätschaften in der Küche in Berührung kommen. Geflügel muss daher immer voll durchgegart werden Im Fleisch und in den Gelenken darf auch nicht die geringsten Spuren von rotem Blut zu sehen Eier kann man unbesorgt frisch essen, wenn sie beim Eintauchen in Wasser ab Boden liegen bleiben. Schwebt es im Wasser, sind bereits Bakterien darin zugange. Schwimmt es obenauf, ist es nicht genießbar.

 

3.Fisch

Bei rohem Fisch steht zunächst die gefährliche Darminfektion durch Listerien im Vordergrund, die in mehr als einem Fünftel der Fälle sogar tödlich enden.  Die Infektion wird meist zu spät erkannt, weil sich zunächst nur grippeähnlich Symptome wie Fieber und Gliederschmerzen einstellen. Dummerweise kommt es erst drei Wochen nach der Infektion zu diesen Symptomen. In Lebensmitteln lassen sich Listerien erst nach ein bis zwei Wochen nach den Befall nachweisen. So kommt man der Infektion einfach nicht auf die Schliche.

Auch Hepatitisviren sind ein Problem, wenn auch mehr im südlichen Europa. Dagegen hilft nur Kochen oder Dünsten. Problematisch sind auch die gefährlichen Noroviren in Schalentieren, auch Austern.

Infizierung mit Fischspulwürmern, die auch zuweilen tödlich enden, sind das nächste Problem, das in der EU dadurch eingedämmt wird, dass jeder Fisch auf Parasiten kontrolliert werden muss und dem rohen Verzehr nur zugeführt werden darf, wenn er zuvor 24 Stunden lang bei Minus 20 ° C tiefgefroren war.

Roher Fisch für Sushi und Sashimi, besonders wenn er aus japanischen Gewässern stammt, ist oft erheblich mit Schwermetallen wie Quecksilber und Blei belastet, bei Raubfischen und fetten Fischen (Thunfisch, Hecht, Heilbutt) sogar generell ohne Rücksicht auf ihre Herkunftsgewässer. Die  besonderen Gefahren der Schwermetallbelastung von Lebensmitteln sind ja allgemein bekannt. Ich werde aber zu einem späteren Zeitpunkt mehr darüber berichten.

Ein nur wenig bekanntes, aber nicht unbedeutendes weiteres Problem gibt es beim Verzehr von Süßwasserfischen (Karpfen und alle Weißfische), einigen bestimmten  Seefischen (Hering, Makrele und Stint) und allen Meeresfrüchten ist ihr hoher Gehalt an einem Enzym namens Thiaminase. Wiederholt in hohen Mengen zugeführt zerstört es das Vitamin B1 (Thiamin) so stark, dass es zu Vitamin B1 – Mangelerscheinungen kommt. Erhitzen zerstört die Thiaminase absolut zuverlässig. Es ist aber eine Gratwanderung, die man da begeht, weil das Erhitzen auch unmittelbar Vitamin B12 etwa zur Hälfte inaktiviert.