Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Kolonialwaren Kuno Ehlers

Erstellt von r.ehlers am Samstag 30. Juli 2016

Denkmalgeschützte Inneinrichtung: Kolonialwaren Wilh. Holtorf in Bremen, Ostertorsteinweg 6

Genau so wie in dem heute noch existenten Feinkostgeschäft Wilh. Holtorf in Bremen sah es von 1920 – 1950 aus im Geschäft meiner Eltern  in Wetter an der Ruhr, bevor sie schrittweise aus dem Kolonialwarenladen Kuno Ehlers erst ein Lebensmittelgeschäft mit Selbstbedienung und dann einen modernen Lebensmittelsupermarkt (REWE) machten. Dieser Wandel zeigt einen Aufschwung im Lebensmittelhandel mit einer ständigen Zunahme an Kaufangeboten. Damit einher ging aber der bis heute andauernde Niedergang der überkommenen Esskultur.

Die Zäsur, ab wann das Sterben der Kolonialwarenläden einsetzte, war die Währungsreform von 1948. Bis dahin waren Erzeugnisse aus anderen Ländern, vorzugsweise aus europäischen Kolonien, generell in Kolonialwarenläden zu kriegen wie z.B. Zucker, Kaffee, Tabak, Reis, Kakao, Gewürze und Tee.

Lebensmittelerzeugnisse des eigenen Landes wie den Produkten des Ackerbaus, waren vorwiegend in gesonderen Produktenhandelsgeschäften zu kaufen. Großes Gewicht hatten diese Geschäfte allerdings nicht, weil damals praktisch jeder sein Obst und Gemüse und die heimischen Kräuter im eigenen oder gemieteten Garten großzog.

Die mit der Währungsreform geradezu überwältigende Vermehrung des Warenangebots sprengte den Rahmen des Lebensmitteleinzelhandels. Kolonialwarenläden erweiterten ihr Sortiment  um die Grundnahrungsmittel und die wachsenden Angebote an heimischen Erzeugnissen. Milchprodukte und Fleischereierzeugnisse kamen hinzu, schließlich auch Haushaltswaren und Manufakturwaren.  Ich erinnere mich noch gut daran, dass in den 50er Jahren im Geschäft meiner Eltern plötzlich Socken und Nyltesthemden (mit der scharzen Rose) zu kaufen waren! Der Begriff Kolonialwarengeschäft passte einfach nicht mehr.

Diese Umstellung und Ausweitung des Lebensmittelhandels wurde ab den 70er Jahren insbesondere durch das Angebot an fertigen Speisen vertieft. Mit einem Kuchen lässt sich natürlich sehr viel mehr Geld verdienen als mit Mehl, Eiern, Zucker und Backzutaten, aus denen man sich den Kuchen selber backen kann. Dass man Fertiggerichte mit allerlei Mitteln haltbar machen muss, wurde nie groß thematisiert. Heute verstehen sich immer mehr Leute nicht mehr darauf, sich selbst und ihre Familie richtig zu bekochen.

Seit Lebensmittel und insbesondere fertige Speisen so leicht zu haben sind, essen wir alle in der übergroßen Mehrheit viel zu viel- und tragen zwangsläufig zuviel an Gewicht mit uns herum. Dies ist der Ausgangspunkt für die beklagenswerten Stoffwechselstörungen und die ständig zunehmenden Zivilisationskrankheiten, die unser Gesundheitssystem längst unbezahlbar gemacht haben.

Hätte man doch nur die alten kleinen Läden belassen und Obst und Gemüse weiter selbst angebaut!