Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Die Freiheit der Wissenschaft wird missbraucht.

Erstellt von r.ehlers am Freitag 14. Dezember 2012

Sachbezug: Esskontrolle, Serotoninaufbau, Erkenntnisfragen

 

 

In meinem hier eingestellten Beitrag über die Wege des Aufbaus von Serotonin http://www.essenspausen.com/viele-wege-zum-serotonin/ habe ich berichtet, wie sich eine große norddeutsche Akutneurologie nach gründlicher Vorbereitung einer Studie zur Messung der zentralnervösen Serotoninwerte nach dem Verzehr der Aminas® Vitalkost der Durchführung dieser Studie entzogen hat.

Hier will ich einmal zeigen, mit welchen Winkelzügen „die Wissenschaft“ sich seither der eigentlich auf der Hand liegenden Möglichkeit, der Labormessung des realen Gehalts von Serotonin im Gehirn entzieht.

Immerhin hat der Springer-Verlag, der wissenschaftliche Ausführungen sonst nur gegen gute Bezahlung verbreitet, dankenswerter Weise einen großen Peer-Review einiger der führenden Nuklearmediziner im vollen Text im Netz frei zugänglich gemacht, in dem die Autoren plausibel zu machen versuchen, weshalb man direkt nach Serotonin im Hirn gar nicht suchen soll. Auf Hunderten von Seiten erklären die Forscher, wie schwierig es ist, mit ihrem Verfahren der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) den Wegen des Serotonins im Gehirn zu folgen. Vorab aber klären Sie in aller Kürze, dass ihr Verfahren angeblich „alternativlos“ ist:

Eur J Nucl Med Mol Imaging. 2011 March; 38(3): 576–591.

Published online 2010 November 27. doi:  10.1007/s00259-010-1663-2

Measuring serotonin synthesis: from conventional methods to PET tracers ad their (pre-)clinical implications

Anniek K. D. Visser,1 Aren van Waarde,1 Antoon T. M. Willemsen,1 Fokko J. Bosker,2 Paul G. M. Luiten,3 Johan A. den Boer,1,2 Ido P. Kema,4 and Rudi A. J. O. Dierckx1,5

Quelle: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3034914/

Ich übersetze und interpretiere den Text relativ frei, damit auch ein Laie leicht versteht, wie da argumentiert wird.

Originaltext:

„Another alternative for directly measuring brain concentrations is measurement of 5-HT and its metabolites in samples of CSF acquired by lumbar puncture. Because the levels of 5-HT in CSF are very low (less than 10 pg/ml), measurements of 5-HT concentration cannot be used for determination of 5-HT turnover rates [36]. Another option is measuring 5-HIAA concentrations in CSF, because 5-HIAA is present in much greater quantities. Increases of 5-HIAA after inhibition of MAO or of 5-HIAA transport by probenecid should correlate to the formation rate of 5-HT. However, this method has also many drawbacks [31]:

  • A lumbar puncture is invasive and often experienced as unpleasant.
  • Measurements of 5-HIAA concentrations will partly represent the rate of transport of 5-HIAA into the CSF.
  • Because of the high concentrations of 5-HIAA compared to 5-HT, changes in 5-HIAA are only detectable after a delay of several hours.
  • 5-HT concentrations in lumbar CSF are not an accurate reflection of cerebral 5-HT synthesis, since they partially reflect synthesis of 5-HT within the spinal cord. There is a gradient from cisterna magna to spinal subarachnoid as more 5-HT is synthesized in the brain than in the spinal cord.
  • 5-HIAA is transported from brain and CSF, back into the bloodstream.“

In Deutsch (und verständlich gemacht):

„Eine andere Alternative [zur Positronen-Emissionsmessung]ist die direkte Messung der Konzentration von Serotonin und seinen Abbauprodukten in der Gehirnflüssigkeit (Liquor) im Wege der Lumbalpunktion entnommenen Proben. Weil der Serotoninspielgel im Liquor sehr niedrig ist (weniger als 10 pg/ml[1 Pikogramm= 1 Billionstel Gramm]), kann Serotonin (5- HT) nicht verwendet werden, um seinen Verbrauch im Liquor zu bestimmen [36]. Eine Alternative ist es, die Konzentration von 5-HIAA zu messen [seines Abbauprodukts], weil dieses in viel größeren Mengen vorkommt. Ein Anstieg von 5-HIAA nach der durch MAO [=Monoaminooxidase, ein Enzym] oder Probenecid [ein Medikament] bewirkten Hemmung des [Abbau-]Transports von Serotonin sollte in Verbindung stehen zur Aufbaurate des Serotonins. Diese Methode hat jedoch viele Nachteile [31]:

  • Eine Lumbalpunktion ist invasiv und wird oft als unangenehm empfunden.
  • Messungen der Konzentration von 5-HIAA werden teilweise [nur] seine Transportrate in den Liquor wiedergeben.
  • Wegen der hohen Konzentrationen von 5-HIAA im Vergleich zum Serotonin, können Änderungen bei 5-HIAA erst nach einer Wartezeit von einigen Stunden festgestellt werden.
  • Serotoninkonzentrationen im lumbalen Liquor spiegeln nicht exakt die zerebrale Serotoninsynthese, weil sie teilweise den Aufbau von Serotonin im Rückenmark wiedergeben. Es gibt da ein Gefälle von der Cisterna Magna [in der Gehirnhaut, s. nachfolgende Erklärung] zum Bereich unterhalb der Spinnenwebhaut innerhalb der  Rückenmarkshaut, weil im Gehirn mehr Serotonin aufgebaut wird als im Rückenmark.
  • 5-HIAA wird vom Gehirn und dem Liquor in den Blutkreislauf transportiert.“

Kurz zur Cisterna Magna: Hirn- und Rückenmark sind umgeben von drei Häuten, die zusammen die Blut-Hirn-Schranke bilden. Dies sind die Dura Mater (harte Haut), die Spinnenwebs- oder Arachnoidea Mater und die Pia Mater, die weiche Haut. Die Bereiche unterhalb der Spinnenwebshaut sind durchflossen von dem Liquor, in dem auch das Gehirngewebe und das Rückenmark schwimmen. Die Cisterna Magna ist eine der drei Hauptöffnungen, wo die Gehirnhaut unterhalb der Spinnenwebshaut in die Rückenmarkshaut übergeht. Dadurch sind der Liquor von Gehirn und Rückenmark miteinander verbunden.

Die Ansage ist klar: nach der Menge des Serotonins im Gehirn selbst, also der Zahl der Serotoninmoleküle, die im Gehirn kreisen, auch nach den konkreten Mengen seiner Abbauprodukte soll nach dieser Studie besser nicht geforscht werden. Nur indirekt sollen Rückschlüsse auf diese Werte durch Strahlungsmessung im Computertomographen gezogen werden, so teuer das auch sein mag.

Und die Gründe? Lumbalpunktionen sind unangenehm. Aber sie sind aus vielen therapeutischen Gründen immer wieder nötig. Es geht doch nur darum, sich an diese Entnahmen „anzuhängen“ und nach der Entnahme des Liquors – auch – den Serotoninwert zu messen. Also ein Scheinargument!

10 Piktogramm Serotonin je Milliliter ist übrigens nicht so wenig, als dass der Wert nicht zuverlässig im Labor gemessen werden könnte. Misst man die Abbauprodukte, gibt das neben der Transportrate auch die absoluten Werte wieder, die in den möglichen Vergleichen zweifellos aussagefähig sind. Muss man dabei eine Wartezeit berücksichtigen, warum denn nicht?

Dass der Liquor im Rückenmark und in seiner subarachniden Haut womöglich weniger Serotonin und seine Abbauprodukte aufweist, ändert doch nichts daran, dass die Messwerte im Vergleich mehrerer Messungen sehr aussagefähig sein werden! Die Angabe, dass im Rückenmark Serotonin gebildet würde, verwundert übrigens. Es braucht endokrine Drüsen wie etwa in den Raphe-Kernen des Stammhirns, die Hormone bzw. Botenstoffe wie Serotonin sezernieren. Selbst wenn diese Annahme richtig wäre, ändert es nichts daran, dass es ungemein wertvoll wäre, die Werte an Serotonin und/oder seinen Abbauprodukten im Liquor des Rückenmarks unter verschiedenen Ausgangssituationen zu erfahren. Ohne Zweifel könnte man so zuverlässig nachweisen, dass der nüchterne Verzehr nativer Pflanzenkost die körpereigene Synthese von Serotonin ankurbelt.

Was schließlich soll es besagen, dass 5-HIAA vom Gehirn und dem Liquor in die Blutbahn überführt wird? Bevor es dorthin gelangt, steht doch seine Konzentration in Relation zu dem Maß, in dem überhaupt erst einmal der Botenstoff Serotonin aufgebaut wurde!

Das Fazit: „Die Wissenschaft“ ist an der exakten Ermittlung der wahren Serotoninwerte ganz offensichtlich nicht interessiert, sonst würde sie nicht mit solchen Scheinerklärungen aufwarten.

Hier zeigt sich die dunkle Seite der Freiheit der Wissenschaft. Das Recht zur freien Forschung ist leider nicht zwingend verbunden mit der Verpflichtung zur Forschung überall da, wo die Ergebnisse für die Menschen von Wert sein können oder wo das allgemeine Wissen sinnvoll gemehrt werden kann. Das aber ist aus Gründen der Sozialethik und im Interesse des wissenschaftlichen Fortschritts dringend geboten. Forscht „die Wissenschaft“ nur noch, wenn „die Industrie“ ein wirtschaftliches Interesse hat und für die Kosten aufkommt, missbraucht die Wissenschaft die ihr gegebene Freiheit! Wie „mein Fall“ des Rückzugs der großen norddeutschen Klinik von der mit ihr abgesprochenen fast kostenfreien Studie zeigt, geht es auch gar nicht immer nur um das Geld, das eine vernünftige Forschung selbst kostet.

Die umfangreiche Studie von Visser et.al. bestätigt übrigens das heute allgemeine Wissen über die unerhörte Bedeutung der ausreichenden zentralnervösen Versorgung des Menschen mit Serotonin. Sie nimmt ausführlich Bezug auf die Fülle der Studien, die seit Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts den sicheren Nachweis erbracht haben, dass es der Mangel an Serotonin ist, durch den die ganze Palette der psychischen Störungen, angefangen vom Fehlen des allgemeinen Wohlbefindens über Depressionen und Burnout und mehr bis hin zur Suizidalität entsteht.

Wie nur kann man angesichts der schieren Verzweiflung, in die so viele Menschen durch diese Fehlversorgung gestürzt werden, an den realen Möglichkeiten, den Nachweis für die Behebung des Serotoninmangels zu führen, nur so locker vorbei gehen?!