Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Nietzsche demontiert Platon

Erstellt von r.ehlers am Samstag 24. März 2018

Schauen Sie doch bei You Tube einmal herein in dieses großartige fiktive Gespräch der Un-Zeitgenossen Platon und Nietzsche.

Unser philosophischen Verständnis vom eigenen Selbst und der Welt, in der wir leben, wirkt sich aus auf unser Auftreten und unsere ganze Lebensgestaltung. Dies gilt nicht nur für ausgewiesene Lehrer der Philosophie oder für die unter uns, die den historischen Linien der Entwicklung der Philosophie nachgehen. Auch die sich frei von allen alten und neuen Vorbildern und den wechselnden geistigen Strömungen danach fragen, was wir Menschen sind, von welcher Beschaffenheit die Dinge in und um uns sind und welchen Sinn das alles macht, erfahren eine geistige und mentale Prägung, die sich auf ihr praktisches Leben auswirkt.

Es formt mein Leben, wenn ich fest davon ausgehe, dass ich mit meinen Sinnen und mit meinem Verstand nicht die Wirklichkeit aller Dinge sehen kann, sondern nur Abbilder der Realität. Platons Lehrer Sokrates war noch davon ausgegangen, dass richtig sei:

„Ich weiß, dass ich nichts weiß“.

Platon dagegen meinte zuverlässig erkannt zu haben, dass wir materielle von unsterblichen Seelen besetzte Lebewesen seien, die in sich die ganze Welt der Ideen tragen. Auf Platon und seinen  großen Nachfolger Aristoteles gründeten die Kirchenväter und  das ganze christliche Abendland sein Menschenbild, das erst in der Aufklärung seit Descartes („Cogito ergo sum“ – ich denke, also bin ich) seine allgemeine Verbindlichkeit verlor.

Kant und Schopenhauer stellten wichtige erkenntnistheoretische Fragen, die den blinden Glauben an die Eignung der menschlichen Vernunft zur Erklärung der Welt als solcher endgültig in Frage stellten. Endgültig riss aber erst Friedrich Nietzsche das alte Menschenbild zu Boden.

In dem fiktiven Gespräch wird aus dramaturgischen Gründen zumindest oberflächlich eine Gleichheit der geistigen Waffen der beiden Kontrahenten hergestellt. Natürlich hatte Nietzsche nach vielen Jahrhunderten an Diskussionen nach Platon einen viel weiteren Horizont. Anders als Platon unterstellt Nietzsche nichts wie z.B. eine Existenz der Götter und der Wanderung der Seelen. Nietzche lässt am Ende nichts übrig von den nicht gesicherten Aussagen Platons, die bei richtiger Beurteilung sowohl seine Ausgangspunkte wie seine Ergebnisse sind.

Nietzsche ist wohl der erste Philosoph, der bewusst von allen nicht gesicherten Prämissen absieht. Er kommt daher zu seinem viel gescholtenen Nihilismus. Ich denke, dass Nietzsche an diesem Punkt konsequenter Weise noch einen Schritt weiter gehen sollen – um am Ende wieder bei Sokrates zu landen. Wenn er nämlich nichts weiß, kann er sich dessen auch nicht sicher sein, wie nahe er einer möglichen Wirklichkeit bereits ist! Nietzsche hat Recht, dass er sagt, dass wir nichts dazu sagen können, was wirklich ist. Das heißt aber auch, dass wir nicht sagen können, ob da nicht doch etwas ist. Daher ist es missverständlich, wenn Nietzsche sagt:

 „Gott ist tot!“

Denn ob das richtig ist, weiß er doch auch nicht. Was, wenn die Welt, die wir sehen, wirklich ist, so wie wir sie erleben, wir sie nur nicht in allen ihren Dimensionen erfassen können? Es kann und darf daher einen oder mehrere Götter geben, muss es aber nicht. Nietzsches Satz, dass Gott tot sei, sagt im Kern nur, dass er Schluss gmacht hat mit der abendländischen Selbstverständlichkeit, dass wir und Gott und die Welt so seien, wie das sich aus der historischen Geistesentwicklung  her ergeben hat. Diese Befreiung hat es uns ermöglicht, zu mündigen autonomen  Wesen zu werden, die sich die weltanschauliche Neutralität des Staates erkämpft haben und sich seither nicht mehr am Nasenring führen lassen. Seither gibt es  kaum noch die verzweifelte Suche nach der Existenz des lieben Gottes, des alten Mannes mit dem Bart. Statt dessen herrscht die unaufgeregte Frage, wie wahrscheinlich uns denn die eine oder die andere Annahme über Gott und die Welt vorkommt. Vielleicht hört man bald auch nicht mehr die naive Feststellung, an irgend etwas müsse man doch wohl glauben.

Ein Nachsatz:  Nietzsche war  kein Antisemit. Er hat vielmehr gefragt, wo denn der viel gerühmte deutche Gesit stünde, wenn es nicht die deutschen Juden gegeben hätte. Er war auch kein Deutschtümler. Gerade weil ihm Wagner mit so etwas auf den Geist ging, hat er sich von ihm getrennt. Eine gewissenlose Rassenhetzerin war seine Schwester, die nach seinem Tod seinen Nachlass ausschlachtete und ihm das von „Blut und Boden“ triefende von ihr geschriebene Machwerk „Der Wille zur Macht“ unterschob, das dann zu Hitlers Lieblingslektüre wurde.