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Glia-Zellen: Viel mehr als Leim im Gehirn

Erstellt von r.ehlers am Montag 14. November 2016

Protoplasmatische Glia (l) und  Faserglia (r)

In der Erforschung des Gehirns hat sich ein Muster wiederholt, das sich ähnlich in der Erforschung der Materie gezeigt hat. Auf der Suche nach den Grundbausteinen der greifbaren Welt, die man in den Atomen vermutete, stieß die Physik neben Protonen, Neutronen und Elektronen auf einen ganzen „Teilchenzoo“ aus  weiterer Materie und dazu auf die innere Verbundenheit von Materie und Energie.

In der Hirnforschung dachte man ursprünglich, dass das Gehirn eine geordnete Ansammlung von miteinander durch Nervenbahnen verbundenen Nervenzellen wäre. Diese Neuronen gibt es wirklich, sie bilden auch die Hauptsubstanz des Gehirns. Ihre Zahl liegt bei 100 Milliarden. Es sind aber weitere Zellen in  noch weit größerer Zahl hinzugekommen: die Glia-Zellen. Dass es Materie im Gehirn außer den „grauen Zellen“, den Neuronen, gibt, war schon lange bekannt. Man sprach auch schon von „der Glia“, ahnte aber nichts von ihren Erscheinungsformen und Funktionen. Man erklärte sie einfach zum Gehirnleim, dier irgenwie alles andere zusammenhielt. Ähnlich hielt man es auch auf der großen Ebene mit dem Weltraum, in dem man sich die Existenz eines Äthers vorstellte.

Im Wesentlichen hat die Glia drei voneinander sehr verschiedene Zelltypen mit unterschiedlichen Funktionen:

  • die Astrozyten (protoplasmatische in der Grauen, Faserglia in der Weißen Substanz) 
  • die Oligodendrozyten und die
  • Mikrogliazellen.

Die Astrozyten, sternförmige Zellen, umlagern in großer Zahl alle Synapsen im Gehirn.  Die Zahl der Synapsen an den Endigungen der Nervenbahnen des Gehirns wird auf 100 Billionen geschätzt. Die Zahl der Astrozyten ist also ein Vielfaches davon. Oligodendrozyten umlagern in kaum abzuschätzender Zahl die gesamten Nervenbahnen im Gehirn, wo sie die sog. Myelinscheide aufbauen. Die zahlenmäßig wohl größte Gruppe sind die rätselhaften mit der inneren Immunität in allen Teilen des Gehirns beschäftigten Mikrogliazellen.

Die Aufgaben der Astrozyten sind sehr weit gespannt. Bisher bekannt sind u.a. folgende Funktionen:

  • Astrozyten durchziehen mit ihren miteinander verwobenen Spinnenbeinen das ganze Gehirn. Sie haben damit ihre eigene Kommunuikations- und Transportebene (Nexusnetzwerk).
  • Astrozyten ernähren die Neuronen über Kontakte zu Blutegefäßen. Man muss sich vorstellen, dass sie mit ihren faserigen Endungen in den interzellären Raum eintauchen und die von den arteriellen Kapillaren dorthin abgegebenen Stoffe aufnehmen und an die benachbarten oder auch ferner liegende Neuronen abgeben.
  • Astrozyten sind beteiligt an der Funktion der Blut-Hirn-Schranke.
  • Astrozyten helfen bei der Flüssigkeitsregulation des Gehirns durch die Aufrechtwerhaltung des Kalium- und pH-Haushaltes.
  • Astrozyten beteiligen sich am Transport der Botenstoffe, beispielsweise an ihre Verpackung in Vesikel, die in den Axonen zu den Synapsen und Neuronen bewegt werden.

Enger ist das Arbeitsfeld der Oligodendrozyten. Ihre Hauptfunktion ist die Bildung von Myelin und der Azfbau der Myelinscheide in allen Nervenbahnen des Gehirns (im Körper machen dies die sog. Schwannzellen). Ohne ihre Arbeit kann es kein besonders leistungsfühiges Gehirn geben. Axone ohne Myelinscheide müssten vieltausendfach dicker sein, um so schnelle Informationen zuzulassen wie sie in durch Myelin geschützen Nervenbahnen möglich sind. Ohne die „Datenautobahnen“ müsste ein zentralnervöses System  bei gleicher Leistungsfähigkeit wie das menschliche Gehirn so groß wie ein Wetterballon sein.

Die Mikroglia hat bereits im Ruhezustand unverzichtbare Funktionen, und übertrifft sich noch im Falle von krankhaften Störungen.  Die Mikrogliazellen, die jeden Bereich des Gehirns besiedeln, halten sich je nach übernommener Aufgabe ortsfest in einem eigenen kleinen Territorium in der Größe von 15 bis 30 MIkrometern auf. Selbst in Ruhe sind sie aber nicht untätig. Ihre Zellkörper sind in diesem Zustand noch sehr klein und ihre Ausläufer sehr fein. Dies Ausläufer sind aber wie die Fühler eines Kraken in ständiger Bewegung in einem Tempo von 1,5 Mikrometern pro Minute, die man unter dem Mikroskop sogar gut beobachten kann. Die Aktion der Fühler aller Mikroglia bedeutet in der Summe, dass das ganze Gehirn laufend von den Mikroglia jeweils binnen weniger Stunden komplett auf mögliche Störfaktoren gescannt wird. Solcher Art sind die Wunder der Natur, die komplexes Leben überhaupt erst möglich machen!

Dringen Krankheitserreger, Giftstoffe oder eine Alzheimersche Plaque  ein, kommt es nur Metamorphose der Mikroglia. Die Zellen schwillen stark an. Die vielen feinen Ausläufer werden eingezogen und durch wenige, aber dickere ersetzt. Diese mobile Mikroglia kann wie ein Rettungsfahrzeug in einer Stunde jeden Ort ihres kleinen Territoriums  erreichen. An Ort und Stelle inkoroprieren und vernichten sie teils wie Makrophagen im Blut die Störenfriede, zusätzlich auch geschädigte Zellen und Abbaustoffe. Zudem präsentieren sie auf ihrer äußeren Zellwandung krankheitsspezifische Moleküle und locken dadurch Antigene, die ihrerseits weiße Blutkörperchen (T-Lymphozyten) anfordern.