Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Der falsche Spaß mit dem Durst

Erstellt von r.ehlers am Donnerstag 26. Dezember 2013

 

Eigentlich sollten wir in der Weihnachtszeit, wo in unseren Breiten mächtig geschlemmt und viel getrunken wird, an die etwa 1 Milliarde von den 7 Milliarden, die es heute auf der Erde gibt, denken, die nicht genug zu Essen und zu Trinken haben.  Sie leiden Hunger und Durst, in Millionen Fällen bis zu einem schrecklichen  extrem schmerzhaften Tod.

Wo es auf diesen Seiten aber weniger um Politik als um das richtige Essen geht , wobei natürlich das Trinken mit umfasst ist, bietet es sich an, einmal etwas auf unseren Umgang mit dem  Durst einzugehen. Allzu ernsthaft will ich das Thema nicht angehen. Der „Spaß an der Freud“, der nie das reichliche Trinken auslässt, begleitet uns ja vom 11.11. , 11 Uhr 11, bis Karneval , also den Großteil der dunklen und kalten Jahreszeit. Der Volksmund hat sich dieser Dinge mit einigem Witz angenommen.

 

Ich knüpfe an meinen Beitrag aus 2012 über Appetit, Hunger und Sattwerden an , wo der Schwerpunkt auf der Verführung zum übermäßigen Essen und Trinken durch den Appetit liegt, s. http://www.essenspausen.com/appetit-hunger-und-sattwerden/

Wenn die Briten in der Zeit vor und an Weihnachten vom Durst reden, meinen sie, dass sie dagegen alkoholische Getränke haben. Auf Fragen nach Alkoholproblemen antworten sie, dass sie keine Probleme mit dem Alkohol haben, denn sie haben sie genug davon  Die Wochen vor dem Fest sind im Vereinigten Königreich und auch in Irland, Australien und Neuseeland nur vergleichbar mit den Karnevalswochen in Deutschland.  Fast noch mehr als im deutschen Karneval  fallen dort auch die moralischen Schranken. Besonders auf den Betriebsfesten geht es hoch her. Da lassen selbst das ganze Jahr hoch zugknöpfte Ladies die Hüllen fallen. Dieses Jahr haben die wilden „Brits“ da ein ganz besonderes Problem. Der Nachschub an den in der Vorweihnachtszeit heftiger denn je nachgefragten Kondomen ist ins Stocken geraten. Grund dafür ist der Streit des Markenherstellers  Reckitt Benckiser („Durex“)  mit seinem  indischen Vertragslieferanten TTK über den Abgabepreis aus Indien. Reckitt Benckiser verkauft jeden zweiten der jährlich in Großbritannien gekauften 1,3 Milliarden Kondome. Sie stammen alle aus Indien.  Das Globalisierungsproblem wird den Bewohnern der Inseln wohl einen kleinen ungewollten Bevölkerungszuwachs bescheren.  Wenn sie sich beim Alkoholkonsum diesmal etwas zurückhielten, könnten sie statistisch noch alles ins Lot kriegen. Auf Zurückhaltung kann man aber bei „König Alkohol“  allerdings nicht setzen.

Was den Alkohol anbelangt, sind sich doch in allen unseren westlich geprägten Ländern die Menschen aller Bildungsschichten einig, dass sie sich ihm hingeben wollen ohne die Folgen zu bedenken.  Der Volksmund bekräftigt das mit Sprüchen, die ruhig paradox sein dürfen wie:

  • Nichts schadet dem Durst mehr als Trinken!
  • Schade um den schönen Durst!
  • Durst wird durch Bier erst schön!

Bei diesen Sprüchen geht es natürlich nicht um das Trinken von Wasser oder anderen Flüssigkeiten, die den Durst löschen. Es geht nur um den Drang, den enthemmenden Alkohol zu trinken.

Physiologisch ist dazu nicht viel zu sagen. Durst ist eine Empfindung, die man klugerweise gar nicht erst aufkommen lässt.  Das bekannte chinesische Sprichwort sagt richtig: „Grabe den Brunnen, bevor Du Durst hast!“  Der Körper benötigt in jeder Sekunde des Lebens durchschnittlich   1 – 3 Liter  Süßwasser am Tag, bei starker physischer Inanspruchnahme und bei hohen  Temperaturen ein Mehrfaches  davon. Fehlt es nur ein wenig daran, meldet sich der Durst. Wasser wird in allen Körperzellen und dem Körpergewebe gebraucht. Die Entstehung des Durstes macht nach den Erkenntnissen der Endokrinologie offenbar fest an der ausreichenden Flüssigkeit des Blutes. Ist das Blut zu dick, geben Sensoren aus dem Blutkreislauf Alarm, der an den Hypothalamus im Mittelhirn gemeldet wird. Dies ist zentralnervöse Region, in der auch der Hunger verwaltet wird. Es folgt der Aufbau und die Ausschüttung von Hormonen, die das Gefühl „Durst“, verbunden mit dem Drang zum Trinken von Wasser und ähnlichem, auslöst.

Durst macht also überhaupt keinen Spaß. Durst zeigt, dass eine bereits störende Dehydrierung eingesetzt hat und Körper, Geist und Gemüt bereits leiden. In gewisser Weise ist es pervers, wenn der Mensch, der nach Alkohol süchtig ist, den Durst lobt, weil er ihn empfänglicher macht, sich zur Enthemmung durch den Alkohol verführen zu lassen. Wie anderweitig bereits ausführlich dargelegt, beschränkt sich die Alkoholsucht nicht auf das zwanghafte exzessive Saufen bis zum Rausch und die Entzugserscheinungen danach. Auch der, der regelmäßig deutliche Mengen Alkohol zu sich nimmt und weiß, dass ihm das in Wahrheit nicht gut tut, ist betroffen, s. http://www.essenspausen.com/alkohol-ist-ausschliesslich-ein-schaedliches-gift/  und http://www.essenspausen.com/sucht-ihre-bewaltigung-in-vier-schritten/

Einen Gegenbegriff zum Durst, also einen eigenen Begriff dafür, nicht durstig zu sein, gibt es in den Sprachen der Länder nicht, in denen praktisch jederzeit Trinkwasser zur Verfügung steht. Es war daher auch nicht sinnvoll, dass Sprachforscher für den Zustand des Nicht-Durstig-Seins in Analogie zum „satt“ Sein nach dem Essen den Kunstbegriff „sitt“ einführen wollten.  Anders als Hormone wie das Cholezystokinin, das parallel zur Abstellung des Hungers, aber auch unabhängig davon, das Gefühl der Sattheit herstellen, gibt es für das „Nicht-durstig-Sein“ keine hormonelle Entsprechung.

Der Hunger ist ein ganz anderes Phänomen, wie auch in meinem Artikel über den Appetit beschrieben ist. Hunger ist zunächst wie der Durst ein unangenehmes Gefühl. Es drängt zum Essen von Nahrung weil Sensoren aus dem Körper gemeldet haben, dass die Zellen und die Systeme des Körpers Mangel an Nährstoffen haben. Von besonderer Bedeutung ist dabei sicherlich  die Versorgung mit Energieträgern, ohne die unsere Körperenergie Adenosintriphosphat (ATP) nicht in den Verbrennungskammern der Billionen von Körperzellen aufgebaut werden kann.  Im Einzelnen sind diese Vorgänge nicht abschließend erforscht. Wir kennen nicht den Sitz der Sensoren und können nur mutmaßen, wie die Signalübertragung funktioniert. Sicher ist aber die Beteiligung von Hormonen wie Ghrelin und Leptin sowie die Begrenzung ihrer Wirkungen durch das Esskontrollhormon Serotonin.

Der Volksmund scherzt ähnlich wie beim Durst auch über den Hunger:

  • Hunger ist der beste Koch.
  • Der Hunger treibt’s rein, der Ekel schiebt’s runter und der Geiz behält’s drin.
  • „Ich habe Knast.“
  • Guten Hunger!

Der Hunger zwingt nur zum Essen von irgendwas. Er ist nicht ein Koch, der für gute Speisen sorgt, vielmehr zwingt er die Menschen, selbst  schlechte Nahrung zu essen, von der man fälschlicher Weise annimmt, dass nur sie Häftlingen im Freiheitsentzug (Knast) zukommt.