Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Autonomie des Volkes

Erstellt von r.ehlers am Dienstag 1. September 2015

Unter Bezug auf das großartige Buch von Plauen und Welzer, „Autonomie. Eine Verteidigung“, S. Fischer, 2015  habe ich in meinem kürzlichen Beitrag

http://www.essenspausen.com/autonomie-beim-essen-und-in-der-lebensgestaltung/

auf die Bedeutung der privaten Autonomie jedes Menschen für sein ganzes Leben  hingewiesen (richtige Ernährung und allgemeine Lebensgestaltung eingeschlossen).

-de.wikipedia.org-

Donald Rumsfeld – grimmiger Widersacher einer autonomen deutschen Politik

Was für den Einzelnen gilt, hat aber zwangsläufig Auswirkungen auf die Gesamtheit der Menschen in ihren Gemeinschaften. Ich denke, dass man nach der Verarbeitung der schlechten Erfahrungen mit dem allzu „Völkischen“ in der Zeit des Nationalsozialismus  ruhig vom deutschen Volk reden kann, das als solches auf die Autonmie des Staates und seine Autonomie als Volk drängt. In Deutschland ist damit das hier lebende Staatsvolk (Staatsbürger und „Volksdeutsche“nach Art. 116 GG) gemeint und nicht die Summe der Menschen deutscher Abstammung oder gar „Rasse.“.

Zur Autonomie des Staates und des Volkes finde ich bei Pauen und Welzer aber leider nichts.

Im Kapitel „Eine kurze Geschichte der Demokratie“ findet sich nur in einem Nebensatz (S. 201) ein Hinweis auf „gegenwärtige Diskussionen über Elemente direkter Demokratie,“ zu denen aber sonst kein Wort fällt.

Wenn ich nachfolgend auch Kritik daran übe, dass die Autoren wichtige Aspekte des Themas unter den Teppich gekehrt haben, heißt das nicht, dass ihr Werk nicht die entscheidende moderne Auseinandersetzung mit diesem Menschheitsthema schlechthin ist.

Wann hat es einmal eine Autonomie des Volkes, also die inhaltliche politische Selbstbestimmung der Bürger über ihre Geschicke, in der Geschichte einmal gegeben?

Pauen und Welzer (S.271) haben mal durchgerechnet, dass es „von den 200.000 Jahren der Geschichte des Homo sapiens, die attischen Demokratie eingerechnet, insgesamt bloß 400 bis 500 Jahre sind, in denen Demokratien geherrscht haben“. Bei aller persönlichen Autonomie sind die Autoren unseren derzeitigen politischen Verhältnissen gegenüber so positiv eingestellt  (erklärtermaßen Welzer etwas weniger als Pauen), dass sie unsere Demokratie mit ihren großartigen Errungenschaften wie Rechtsstaat, Gewaltenteilung und Grundrechten unter dem Aspekt der inhaltlichen politischen Selbstbestimmung  gar nicht hinterfragen. Es kommt daher nicht einmal der Gedanke auf, dass unsere Demokratie mit allen rechtsstaatlichen Garantien nur auf dem Papier eine Demokratie ist, weil die Gewählten nur schwanken zwischen ihrer vom Volkswillen losgelösten Entscheidung (die dem Volk jede Sachautonomie nimmt)  und der Befolgung des Fraktionszwangs (die den Abgeordneten die Autonomie raubt). Pauen und Welzel lassen insbesondere die Übermacht der heimlichen Herrscher der Welt außer acht, die niemand genau mit Namen kennen kann, die aber im Geflecht der Superreichen, der  Inhaber der globalen Vermögen und derjendigen, die die militärische Gewalt der letzten Supermacht der Welt, der USA, bestimmen, zu suchen sind. Dass diese leute ihre Macht gnadenlos missbrauchen, ist für jedermann sichtbar an ihrem ständigen Bestreben, alle Länder der elt auf ihre Linie zu bringen, und sei es mit der Anzettelung von Revolten oder gleich der Liquidation missliebiger Personen. Wer kann sich beispielsweise in Pakistan noch frei und autonom fühlen, wo jederzeit amerikanisch Drohnen über ihm einschweben können, mit deren Hilfe die USA nun wie von Obama angekündigt, die „richtigen Kriege“führt.

So wie die Autoren aus der heutigen politische Situation die grundlegendsten  Problembereiche herausfiltern), bleibt mir nur der Schluss, dass sie dem System so stark verhaftet sind, dass sie sich die Notwendigkeit eines Widerstehens dagegen gar nicht vorstellen können. Ich rede nicht vom Widerstand wie dem des Jahres 1944 gegen das Nazireich, sondern ganz bescheiden wenigstens von der bloßen verbalen Benennung wesentlicher Gefahren selbst für die individuelle Autonomie der Staatsbürger, von dem Fehlen ihrer politischen Autonomie im Staate selbst ganz zu schweigen!

Wenn die Autoren mal hochgerechnet gehabt hätten, wie viele Jahre in der Geschichte der Menschheit irgendwo auf der Welt einmal ein Volk selbst autonom war, hätten sie – mit Einschränkungen – nur die wenigen Jahren  der Demokratie in Athen registrieren können. Im Buch ist nie die Rede von der weitgehend in den Kantonen verankerten direkten Demokratie in der Schweiz, die aber zumindest einmal hätte genannt werden müssen. Mein Eindruck ist, dass hier zwei hervorragende Wissenschaftler sich durch die Arbeit am selben Thema selbst in Abhängigkeit begeben haben, also insoweit nicht autonom handeln konnten. Einer allein hätte doch das große Thema der Volksbefragungen, Volksabstimmungen und direkter Demokratie beim Generalthema der Autonomie nicht links liegen gelassen! Die Demokratiefähigkeit ist bei den Autoren schon ein Thema. Zu den Bildungszielen unserer Gesellschaft sollen auch nach ihrem Willen „Eigenverantwortung, Zivilcourage und Demokratiefähigkeit“ gehören, wenn das auch in einem gewissen Widerspruch dazu steht, dass von ihnen „strukturell aber Anpassung, Delegierung von Verantwortung und Unterordnung unter vorgegebene Regeln und Rahmenbedingungen“ zu fordern ist. Es gibt aber die besonderen Situationen, in denen Bürger gebraucht werden, die einen Widerstand entwickeln, „wenn staatliches oder institutionelles Handeln gegen geltendes Recht verstößt“ (S.114). Mein Eindruck ist indes, dass die Autoren beim Gedanken an Widerstand bei Sophie Scholl und Claus Schenk Graf von Stauffenberg  stehen geblieben sind und gar nicht realisieren wollen oder können, dass wir seit langem laufend in politische Situationen getrieben werden, die wir nicht widerspruchslos hinnehmen sollten.

Das aktuelle Minus an Autonomie im deutschen Staat

Eine Reihe von Leuten, wie etwa der hier und da etwas aufmüpfige CDU-Grande Rechtsanwalt Wolfgang Bosbach, reden meist gar nicht von inhaltlicher Beteiligung des Volkes an Sachentscheidungen, weil sie das Volk sachlich dazu nicht fähig halten. Als ob die Experten, die einen Riesenaufwand betreiben, die gewählten Politiker auf ihre Linie zu bringen, nicht versuchen würden, auch das Volk klug zu machen, wenn es auf dessen Entscheidung ankäme.Zudem: Welcher Politiker versteht etwas von dem Fach, das er vertritt. Etwa Frau von deer Leyen von militärischer Strategie und Taktik oder Sigmar gabriel von der Wirtschaft?

Es ist beileibe nicht so, dass die Autoren die großen Angriffe auf die Autonomie der Menschen in unseren repräsentativ-demokratisch verfassten Ländern nicht sähen. Sie suchen dafür aber generell sie Schuld nicht bei den wahren Bestimmern in unserer Welt, mögen das die gewählten Regierungen oder Dritte sein. Sie sprechen fast schon so uniform wie die großen Medien von „freiheitsfeindlichen Regimes und Bewegungen“ (S. 231), ohne zu sagen, dass sie ihre Macht erst durch Interventionen der westlichen Demokratien unter Kontrolle ihres Hegemons, der USA, erhalten haben (Al-Kaida, Taliban, IS-Staat).

Es war ein typischer Akt autonomen Verhaltens, als der vormalige Bundeskanzler Schröder sich gegen den Druck des US-Präsidenten Bush, jr. und seines dominativen Verteidigungsministers weigerte, mit deutschen Truppen beim 2. Überfalls auf den Irak mitzumachen. Weniger geklärt sind die Hintergründe der Entscheidung von Kanzlerin Merkel, das Ende der friedlichen Nutzung der Atomenergie in Deutschland  auszurufen. Es kann sein, dass das einmal als eine autonome Großtat im Interesse der Menschheit eingestuft werden wird. Es kann aber auch ganz anders sein, weil heute die wirtschaftlich Mächtigen dieser Welt, die sich eigentlich jederzeit bei „unseren“ Regierungen durchsetzen, es auch in Deutschland schaffen, dass die Nutzung fossiler Energien überall in der Welt eine zwingende Notwendigkeit bleibt.

Pauen und Welzel schreiben über die die Autonomie der Bürger gefährdende kommerzielle und nachrichtendienstliche Ausspähung ihrer persönlichen Daten. Sie beklagen, dass die „Dienste“ aller Staaten uns zu gläsernen Bürgern machen. Sie erwähnen zwar, dass die Ämter unter der Führung der Regierung stehen, irgendwie kommt aber rüber, dass sie all das gegen den Willen der Regierung täten.Die Autoren werden doch die akribischen Forschungen des Historikers Professor Dr. Foschepoth kennen, der exakt nachgewiesen hat, dass die Siegermächte vertraglich das Recht zur Sicherung aller Daten haben, deren sie habhaft werden können. Jeder in Berlin weiß das, jeder weiß, dass Merkel darüber lügt, aber keiner sagt etwas. Das ist ein typischer Fall des „Kaisers ohne Kleider“, den die Autoren umfangreich scholdern Bei solchen Lügen ist der Akteur autonom, weil er sich gegen den Widerstand der Belogenen zur Lüge entschließt, letztlich weil er diese Freiheit hat. Das blöde Publikum entschließt sich aber nicht autonom, nichts zu sagen, sondern weil es Nachteile befürchtet, wenn es den Mund aufmacht und frei seine Meinung sagt.

Wo die Autoren schon die neuere Geschichte unter die Lupe nehmen und fragen, so sich da Autonomie zeigt und wo nicht: Wie können sie dann so wie praktisch alle Politiker und  alle Hauptmedien („Mainstream“) übersehen, dass bei der Vernichtung der diversen Gebäude des World Trade Tower Centers am 11. September 2001 in New York (9/11 – Nine Eleven) etwas ganz und gar nicht stimmen kann. Vergessen Sie alle sonstigen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Einsturz der beiden Haupttürme. Aber wie kann man davon ausgehen, dass die in aller Welt verbreitete Version stimme, wo völlig ungeklärt ist, wie ohne jede bedeutende Einwirkung von außen auch das mehr als 100 m entfernt stehende 150 m hohe Hochhaus WT 7 – eine stabile Stahlkonstruktion – genauso senkrecht in sich selber einstürzt seine beiden 400 m hohen Brüder?! Keine Frage, dass es in der Bundesrepublik offiziell als „politically incorrect“ gilt, wenn jemand öffentlich auf so etwas hinweist. Pauen und Welzer jedenfalls lassen in diesem Sinne keine Korrektheit vermissen. Das ist schade.

Einer Fähigkeit zum autonomen Handeln würde es auch entsprechen, heute nicht über Autonomie zu schreiben, ohne auf die vom Westen ausgehenden neuen Bedrohungen des Weltfriedens, insbesondere des politischen und militärischen Heranrückens an Russland durch Nato, EU und voran natürlich der USA zu reden. Selbständige Köpfe wie der verstobene Peter Scholl-Latour und die kluge Gabriele Krone-Schmalz sagten und sagen ganz offen, dass die Bevölkerung in dieser Sache systematisch desinformiert wird.

Die Autoren weisen ganz zu Recht nach, dass der vormalige Bundespräsident Wulff auf unrechte und ekelhafte Weise aus dem Amt gemobbt wurde, weil die Leitmedien auf den Zug des Käseblattes „Bild“ aufsprangen und ihm immer neu Fehlerchen andichteten. Wer so ausführlich die Entwicklungslinien aufzeichnen kann, muss doch auch demonstrieren können, wie die Volksverdummung in viel wichtigeren Fragen längst die Regel geworden ist!

 

Wie steht es umd die Autonomie in der Zukunft?

Pauen und Welzer erklären sehr überzeugend, dass die Zukunft immer unberechenbar sein wird. Niemand kann sagen, in welche Gesellschaft wir hineingeraten. Vielleicht wird es eine nach unseren heutigen Vorstellungen unerträgliche Utopie, in der die Autonomie der Menschen nicht mehr gefragt wird oder in der es zumindest noch mehr als heute unbewusst ist, dass es nur ganz wenig Autonomie gibt. Vielleicht aber dringen die Befürworter der direkten Demokratie doch mit dem Verlangen nach mehr verbindlichen Volksentscheidungen durch.  Vielleicht wird die Selbstbestimmung der Völker so noch zur Regel, getragen von der Masse der autonomen Bürger.